Antiochia, oder Antiochien, war eine antike Stadt am Fluss Orontes in der Nähe des syrischen Amanosgebirges. Das „Land der vier Städte“ – Seleukia, Apameia, Laodikeia und Antiochia – wurde zwischen 301 und 299 v. Chr. von Seleukos I. Nikator (der Siegreiche) gegründet, wobei einige Quellen Antigonos I. Monophthalmos als Begründer der ursprünglichen Stadt Antigoneia am Orontes aufführen. Nach Antigonos‘ Niederlage in der Schlacht bei Ipsos im Jahr 301 v. Chr. fiel das Gebiet an Seleukos I. Einigen antiken Quellen zufolge soll Seleukos einer der fähigeren Nachfolger des von Alexander dem Großen aufgebauten Reich gewesen sein. Seleukos I. selbst gehörte nicht zu Alexanders innerem Kreis, sondern war ein Kommandant der Hypaspistes, einer Garde bestehend aus ausgewählten Kämpfern, die als Bindeglied zwischen Alexanders Infanterie und Kavallerie diente. Obwohl wenig von ihm selbst und seiner Beziehung zu Alexander bekannt ist, herrschten Seleukos I. und seine Nachkommen für fast 250 Jahre über ein Gebiet, zu dem auch Antiochia zählte.
Nachfolgekriege
Alexanders Tod im Jahr 323 v. Chr. stürzte sein Reich und dessen Zukunft in den Ruin. Da Alexander keinen Nachfolger ernannt hatte, wollte einer seiner Generäle namens Perdikkas mit jeglicher Ernennung eines Nachfolgers abwarten, bis das Kind von Alexander und Roxane geboren wurde.
Ein weiterer General, Ptolemaios I. Soter, hatte andere Pläne und wollte das Reich umgehend aufteilen – dies nicht ohne Hintergedanken, da er selbst ein Auge auf Ägypten geworfen hatte. Diese Uneinigkeit war Auslöser für die Diadochenkriege, welche für fast drei Jahrzehnte andauern sollten. Alexanders Leiche sollte zurück nach Makedonien gebracht und dort bestattet werden. Ptolemaios jedoch raubte die Leiche und brachte sie nach Alexandria, woraufhin Perdikkas und seine Armee Ptolemaios‘ Truppen in Ägypten angriffen. Seleukos, der ursprünglich Perdikkas seine Loyalität geschworen hatte, wechselte die Seiten und kämpfte nun gemeinsam mit Ptolemaios. Dieser Wechsel zahlte sich aus. Nach dem Sieg über Perdikkas und dessen Tod wurde Seleukos für seine Treue mit dem Gebiet um Babylon, einem Gebiet östlich von Syrien, belohnt.
Er schaffte es jedoch nicht, die Kontrolle über sein neues Gebiet zu behalten. Als sein Erzfeind Antigonos I. Monophthalmos in sein Reich eindrang, sah er sich gezwungen, Hilfe bei Ptolemaios zu erfragen. Im Jahr 312 v. Chr. gelang es Seleukos schließlich, Antigonos bei der Schlacht von Gaza zu besiegen und sein Reich zurückzuerobern. Nach der Schlacht bei Ipsos bewies sich Seleukos als sehr fähiger Kommandant und dehnte sein Imperium nach Syrien, Kleinasien und Indien aus. Sein Sohn Antiochos I Soter (281–261 v. Chr.) sah sich nach dem Attentat gegen seinen Vater im Jahr 281 v. Chr. einer Reihe von Aufständen gegenüber. Diese zwangen ihn, des Friedens willen, einen Teil seines Reiches abzutreten. Antiochos II. Theos (261–249 v. Chr.), Sohn des Antiochos I., erbte von seinem Vater den Zweiten Syrischen Krieg gegen die Ptolemäer von Ägypten.
Als Friedensangebot willigte Antiochos II. ein, sich von seiner Frau Laodike scheiden zu lassen und sie gemeinsam mit ihren Söhnen ins Exil zu schicken, um dann Ptolemaios‘ Tochter Berenike die Jüngere heiraten zu können. Nach Antiochos‘ Tod stritten sich seine Ehefrau Berenike und seine Ex-Frau Laodike darüber, welcher Sohn als Nachfolger ernannt werden sollte. Berenike, die die Unterstützung der Bevölkerung von Antiochia genoss, wandte sich an ihren Bruder Ptolemaios III. Euergetes I. Dieser, nun neuer Herrscher von Ägypten, sollte sie darin unterstützen, das Thronrecht ihres Sohnes zu sichern. Als Ptolemaios III. in Ägypten eintraf, fand er seine Schwester und Neffen ermordet vor, woraufhin der Dritte Syrische Krieg, auch Laodikekrieg genannt, ausbrach. Nach Friedensschließung fiel die Kontrolle des Hafens von Antiochia und Seleukia an Ptolemaios, doch Seleukos II. Kallinikos, Sohn des Antiochos II. und der Laodike, erbte den Thron. Er war im Stande, Antiochia zu verteidigen und erklärte die Stadt zur neuen Hauptstadt seines Reiches.
Antiochia in der Römischen Zeit
Antiochia behielt ihren Status als Hauptstadt bis weit in die Zeit des Römischen Reiches. Dank ihrer Lage an mehreren großen Handelsrouten, insbesondere dem Gewürzhandel, diente die Stadt mit ihrer internationalen Bevölkerung als ein strategisches, ökonomisches und intellektuelles Zentrum – nicht nur für das Seleukiden-, sondern auch für das Römische Reich. Die Bedeutung der Stadt für das Römische Reich konnte mit jener der ägyptischen Hauptstadt Alexandria verglichen werden.
Als Reaktion auf eine Reihe schwacher Herrscher machte Pompeius die Region im Jahre 64 v. Chr. zu einer römischen Provinz. Und genau wie andere römische Städte profitierte auch Antiochia von der römischen Herrschaft. So wurde sie romanisiert, erhielt Aquädukte, römische Bäder und sogar ein Amphitheater. Die prächtigen Paläste, welche noch von den Seleukidenherrschern erbaut wurden, dienten vielen römischen Kaisern als Ferienresidenz. Als Antiochia Pescennius Niger von Syrien anstelle von Septimius Severus als neuen Kaiser Roms unterstützte, entzog dieser der Stadt ihre Unabhängigkeit. Die Lage der Stadt auf einer großen Verwerfung führte zu einem Großbrand sowie mehreren Erdbeben, welche in den Regierungszeiten von Tiberius, Caligula, Hadrian und Diokletian auftraten.
Der römische Kaiser Trajan baute Antiochia wieder auf und nutzte es als Winterquartier der römischen Armee. Nach der Teilung des Reiches unter der Herrschaft von Diokletian gehörte die Stadt dem Byzantinischen beziehungsweise dem Oströmischen Reich an. Unter der Herrschaft von Konstantin wuchs Antiochia zur führenden Stadt im Aufschwung des Christentums heran und war sogar Heimat einer Schule für Bibelkunde. 362 n. Chr. machte der letzte heidnische Kaiser, Julian Apostata (361–363 n. Chr.), auf seinem Weg durch Syrien zum Kampf gegen die Perser Halt in Antiochia. Die Stadt wurde gezwungen, seine Truppen zu beherbergen und zu ernähren. Die darauffolgende Krise um den Getreidepreis führte zu einer Hungersnot und Aufständen. Im 5. Jahrhundert wurde die Stadt von den Hunnen geplündert und schließlich, im 7. Jahrhundert, von den Arabern erobert.