Die Höhle von Lascaux ist eine paläolithische Höhle im Südwesten Frankreichs, in der Nähe des Dorfes Montignac in der Region Dordogne, die einige der berühmtesten Beispiele prähistorischer Höhlenmalereien beherbergt. Nahezu 600 Malereien – vor allem Tierdarstellungen – schmücken die Innenwände der Höhle in beeindruckenden Kompositionen. Pferde sind am zahlreichsten vertreten, aber auch Hirsche, Auerochsen, Steinböcke, Wisente und sogar einige Katzen sind zu finden. Neben diesen Gemälden, die die meisten der wichtigsten Bilder umfassen, gibt es auch etwa 1.400 Ritzzeichnungen ähnlicher Art. Die Kunstwerke, die auf ca. 17.000 bis ca. 15.000 v. Chr. datiert werden, stammen aus der jungpaläolithischen Zeit und wurden von den offensichtlich geschickten Händen der damals in der Gegend lebenden Menschen geschaffen. Die Region scheint ein Hotspot zu sein, denn es wurden dort viele reich verzierte Höhlen entdeckt. Die genaue Bedeutung der Malereien in Lascaux oder an anderen Fundorten ist immer noch umstritten, aber die vorherrschende Meinung schreibt ihnen eine rituelle oder spirituelle Komponente zu, die auf die Kultiviertheit der Schöpfer schließen lässt. Lascaux wurde 1979 zusammen mit anderen prähistorischen Stätten in der Nähe in die Liste des UNESCO-Welterbes aufgenommen.
Die Entdeckung
Am 12. September 1940 untersuchten vier Jungen einen Fuchsbau, in den ihr Hund auf dem Hügel von Lascaux gefallen war. Nachdem sie den Eingang verbreitert hatten, rutschte Marcel Ravidat als erster ganz nach unten, und seine drei Freunde folgten ihm. Sie bauten eine behelfsmäßige Lampe, um den Weg zu beleuchten, und fanden eine größere Vielfalt an Tieren als erwartet vor; im axialen Seitengang stießen sie zum ersten Mal auf die Darstellungen an den Wänden. Am nächsten Tag kehrten sie zurück, diesmal besser vorbereitet, und erkundeten tiefere Teile der Höhle. Die Jungen erzählten ihrem Lehrer voller Ehrfurcht von ihren Entdeckungen, woraufhin der Prozess zur Ausgrabung der Höhle in Gang gesetzt wurde. Im Jahr 1948 konnte die Höhle der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Besiedlung durch Menschen
Zur Zeit der Ausschmückung der Höhle von Lascaux (ca. 17.000 bis ca. 15.000 v. Chr.) war der anatomisch moderne Mensch (Homo sapiens) bereits lange Zeit – seit mindestens 40.000 v. Chr. – in Europa zu Hause. Den archäologischen Aufzeichnungen zufolge scheinen Menschen in der Region zwischen Südostfrankreich und dem Kantabrischen Gebirge im Norden Spaniens zahlreich vertreten gewesen zu sein, und in dieser Region liegt auch Lascaux. Die Höhle selbst scheint nur vorübergehend bewohnt gewesen zu sein, wahrscheinlich im Zusammenhang mit der Herstellung der Kunstwerke. Es ist jedoch möglich, dass die ersten paar Meter des Eingangsbereichs der Höhle – der Raum, in den das Tageslicht noch eindringen konnte – bewohnt waren.
Aus den Funden in der Höhle wissen wir, dass die tieferen Teile der Höhle mit Sandsteinlampen beleuchtet wurden, die mit Tierfett betrieben wurden, und dass es dort auch Feuerstellen gab. Hier arbeiteten die Künstler unter wohl rauchigen Bedingungen und verwendeten Mineralien als Pigmente für ihre Bilder. Rot, Gelb und Schwarz sind die vorherrschenden Farben. Rot wurde von Hämatit geliefert, entweder roh oder als Bestandteil von rotem Ton und Ocker, Gelb von Eisenoxiden und Schwarz entweder von Holzkohle oder Manganoxiden. Die Pigmente konnten durch Mahlen, Mischen oder Erhitzen hergestellt werden und wurden dann auf die Höhlenwände übertragen. Zu den Maltechniken gehörten das Zeichnen mit den Fingern oder mit Holzkohle, das Auftragen von Pigmenten mit „Pinseln“ aus Haaren oder Moos und das Pusten der Pigmente auf eine Schablone oder direkt auf die Wand, z. B. mit einem hohlen Knochen.
Der Haken an der Sache ist, dass es in der Umgebung der Höhle keine bekannten Vorkommen der spezifischen Manganoxide gibt, die in Lascaux gefunden wurden. Die nächstgelegene bekannte Quelle liegt etwa 250 Kilometer entfernt in den Zentralpyrenäen, was auf eine Handels- oder Versorgungsroute hindeuten könnte. Es war nicht ungewöhnlich, dass die Menschen dieser Zeit ihre Materialien aus einer Entfernung von mehreren Dutzend Kilometern bezogen, aber die Entfernung, um die es hier geht, könnte darauf hindeuten, dass die Künstler von Lascaux einen enormen Aufwand betrieben haben.
Neben den Malereien wurden in Lascaux auch zahlreiche Werkzeuge gefunden. Darunter befinden sich Werkzeuge aus Feuerstein, von denen einige Anzeichen dafür aufweisen, dass sie speziell für das Einritzen in die Wände benutzt wurden. Auch Werkzeuge aus Knochen wurden gefunden. Die in Lascaux verwendeten Pigmente enthalten Spuren von Rentiergeweih, höchstwahrscheinlich entweder weil das Geweih direkt neben den Pigmenten geschnitzt wurde oder weil es verwendet wurde, um die Pigmente in Wasser zu mischen. Die Überreste von Muschelschalen, von denen einige durchbohrt sind, passen gut zu anderen Nachweisen für persönlichen Schmuck, der bei Menschen aus dem Jungpaläolithikum in Europa gefunden wurde.
Die Kunst
Die Kunstwerke in Lascaux wurden sowohl auf die unebenen Wände der Höhle gemalt als auch in diese eingraviert, wobei die Künstler die Kanten und Rundungen der Wände nutzten, um ihren Kompositionen zusätzlichen Ausdruck zu verleihen. Die daraus resultierenden beeindruckenden Darstellungen zeigen hauptsächlich Tiere, aber auch eine beträchtliche Anzahl abstrakter Symbole und sogar einen Menschen. Bei den Tieren dominieren Pferde, gefolgt von Hirschen und Auerochsen, sowie Steinböcke und Wisente. Einige Fleischfresser wie Löwen und Bären sind ebenfalls vertreten. Die archäologischen Funde aus dem Gebiet zeigen, dass die dargestellten Tiere die Fauna widerspiegeln, die den Menschen im Jungpaläolithikum bekannt war.
Der Eingang der Höhle führt vom Tageslicht weg und direkt in die Hauptkammer, den Saal der Stiere. Dieser Raum trägt einen treffenden Namen, denn er beherbergt hauptsächlich Auerochsen, eine heute ausgestorbene Art von Großvieh. In einem Reigen erheben sich vier große Stiere über fliehende Pferde und Hirsche, wobei das Relief der Wände bestimmte Teile der Malereien hervorhebt. Die Tiere sind in der Seitenansicht, aber mit umgedrehten Hörnern dargestellt, was den Gemälden eine Lebendigkeit verleiht, die von großem Können zeugt. Bis jetzt sind diese Tiere leicht zu identifizieren, aber andere sind weniger eindeutig – so zum Beispiel das scheinbar trächtige Pferd, das ein einziges Horn auf dem Kopf zu haben scheint. Eine andere rätselhafte Figur ist mit einem Pantherfell, dem Schwanz eines Rehs, dem Buckel eines Wisents, zwei Hörnern und einem männlichen Glied abgebildet. Kreative Köpfe haben vorgeschlagen, dass es sich um einen Zauberer handeln könnte, aber was es wirklich darstellt, ist schwer zu bestimmen.
Hinter dem Saal der Stiere liegt der axiale Seitengang, ein Sackgassengang, allerdings ein spektakulärer. Er wurde als „Sixtinische Kapelle der Vorgeschichte“ bezeichnet, da sich an der Decke mehrere aufsehenerregende Kompositionen befinden. Rote Auerochsen stehen mit ihren Köpfen in einem Kreis, während sich die Hauptfiguren der Galerie gegenüberstehen: ein mächtiger schwarzer Stier auf der einen Seite, auf der anderen ein Auerochsenweibchen, das auf eine Art Gitter zu springen scheint, das unter seine Hufe gezeichnet wurde. Es gibt Pferde in verschiedenen Formen, darunter ein so genanntes „chinesisches Pferd“, dessen Hufe leicht nach hinten gerichtet sind, was eine perspektivische Darstellung zeigt, die ihrer Zeit weit voraus ist. Im hinteren Teil des Gangs galoppiert ein Pferd mit im Wind wehender Mähne, während sein Begleiter mit den Beinen in der Luft umkippt.
Ein zweiter Ausgang aus dem Saal der Stiere führt in die Passage, in der hauptsächlich Ritzzeichnungen, aber auch einige Malereien mit einer Vielzahl von Tieren zu sehen sind. Im Schiff, das auf die Passage folgt, fallen ein großer schwarzer Stier sowie zwei Wisente, die zu fliehen scheinen, durch ihre wilde Kraft auf. Gegenüber zeigt ein Fries fünf Hirsche, die zu schwimmen scheinen. Nach dem Schiff folgt der Seitengang der Großkatzen, in dem Ritzzeichnungen von Löwen den Raum beherrschen. In einem anderen Teil der Höhle bietet ein Raum, der als Schacht bekannt ist, weiteren Diskussionsstoff. Hier sind neben einem verwundeten Wisent, dessen Eingeweide aus dem Bauch quellen, ein Wollnashorn, ein Vogel auf einer Art Stock und ein nackter Mann mit erigiertem Glied zu sehen. Dieses Bild erzählt eindeutig eine Geschichte, auch wenn es schwer ist, genau zu sagen, welche Geschichte das sein könnte.
Die Höhle heute
Die ursprüngliche Höhle wurde 1963 für die Öffentlichkeit geschlossen, nachdem klar wurde, dass die vielen Besucher u. a. Wachstum von Algen an den Höhlenwänden verursachten, was den Malereien irreparablen Schaden zufügte. Trotz der Schließung hat sich Pilzbefall in der Höhle weiter ausgebreitet, und man bemüht sich noch immer, diese Probleme zu bekämpfen und die Kunstwerke zu bewahren. Wer eine alternative Erfahrung sucht, kann Lascaux 2 besuchen, eine Nachbildung des großen Saals der Stiere und des axialen Seitengangs, die 1983 eröffnet wurde und nur 200 Meter von der ursprünglichen Höhle entfernt liegt.