Sophienkathedrale, Kiew

Definition

Artem Vynohradov
von , übersetzt von Manfred Boelke
Veröffentlicht am 22 November 2021
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Entrance to Saint Sophia Cathedral, Kyiv (by Rbrechko, CC BY-SA)
Eingang der Sophienkathedrale, Kiew
Rbrechko (CC BY-SA)

Die Sophienkathedrale in Kiew, Ukraine, ist ein Denkmal der Architektur, Malerei und Mosaikkunst des 11. Jahrhunderts. Die Kathedrale wurde nach der Hagia Sophia in Konstantinopel benannt und spielte als Hauptkathedrale des Staates die Rolle seines geistigen, politischen und kulturellen Zentrums. Unter den Kuppeln der Sophienkathedrale fanden feierliche Einweihungen der Großfürsten, heilige Konzile, Botschafterempfänge und die Unterzeichnung politischer Abkommen statt. In der Kathedrale wurden Chroniken aufbewahrt und die erste bekannte Bibliothek der Rus, des altrussischen Reiches, wurde dort gegründet.

Gründung

Es ist nicht sicher bekannt, wer die Kathedrale gegründet hat; Es gibt zwei gängige Versionen über die Gründung des Heiligtums. Laut Überlieferung der Nestorchronik, war der Gründer der Kathedrale Fürst Jaroslaw der Weise von Kiew (ca. 978-1054), der die Kathedrale 1037 nach seinem entscheidenden Sieg über das Reitervolk der Petschenegen erbaute. Andere Quellen besagen, dass die Kathedrale von Wladimir dem Großen (ca. 958-1015) im Jahr 1011 gegründet wurde. Nach der Untersuchung von Wand-Inschriften im Inneren der Kathedrale gehen Historiker davon aus, dass der Grundstein der Kathedrale möglicherweise im Jahr 1011 gelegt wurde. Diese zweite Theorie wurde sowohl von der ukrainischen Regierung als auch von der UNESCO akzeptiert, die 2011 feierlich den 1000. Jahrestag der Kathedrale feierten.

Die Kathedrale ist aus großen Natursteinen gebaut - Granit und Rosenquarzit in der byzantinischen Technik.

Architektur

Auch wenn wir die Namen der Architekten nicht kennen, können wir davon ausgehen, dass sie von den besten Meistern des Byzantinischen Reiches erbaut wurde. Sie setzten in der Kathedrale recht häufig Elemte sowohl der russischen, als auch der byzantinischen Architektur um. Dazu gehören die Anzahl der Kuppeln und ihre Form, die erhöhte Anzahl der Kirchenschiffe, die ausgeprägte Pyramidenform, das Verhältnis zwischen Breite und Länge der Kathedrale und das Streben nach Höhe.

Die Kathedrale ist aus großen Natursteinen gebaut - Granit und Rosenquarzit in der byzantinischen Technik des gemischten Ziegel- und Steinmauerwerks (mit Ziegelverkleidungen), was dazu führt, dass die Wände zweifarbige Streifen mit unterschiedlichen Texturen haben. Die Fassade der Kathedrale wurde nicht verputzt, das Mauerwerk blieb offen. Noch heute können wir das ursprüngliche Mauerwerk an einigen unverputzten Teilen des Kirchenbaus sehen.

Saint Sophia Cathedral, Kyiv
Sophienkathedrale, Kiew
Serhii Ventseslavskyi (CC BY-SA)

Ursprünglich war die Sophienkathedrale eine Kreuzkuppelkirche mit 13 Kuppeln. Die zentrale hohe Kuppel eines Kirchenbaus im byzantinischen Stil sollte an Christus - das Haupt der Kirche - erinnern. Die zwölf kleineren Kuppeln der Kathedrale standen für die zwölf Apostel. Die Bögen der Kathedrale stellen die himmlischen Pforten dar, durch die die Menschen diesen sakralen Ort betraten.

Nachdem die Sophienkathedrale ab Mitte des 13. Jahrhunderts durch den Einfall der Mongolen und später durch Kriegszüge der Tataren der Zerstörung anheimfiel, finanzierten im 17. Jahrhundert der Metropolit von Kiew, Petro Mohyla (1597-1647) und Iwan Masepa (1639-1709), Hetmann (Hauptmann) der Ukrainischen Kosaken, den Wiederaufbau der Kathedrale und bauten den oberen Teil der Heiligen Sophia gründlich um. Für diese Arbeit wurde der italienische Architekt Octaviano Mancini (ca. 1580-1638) eingeladen. Auch das gesamte Ensemble der umliegenden Gebäude wurde errichtet. Sowohl die wiederaufgebaute Kathedrale, als auch die umliegenden Bauten tragen jetzt die charakteristischen Merkmale des Kosakenbarocks.

Alle Mosaike der Kathedrale sind auf einem glänzenden Goldgrund angebracht und reich gefärbt.

Interior

Im Inneren befinden sich 260 Quadratmeter Mosaiken und 3.000 Quadratmeter Fresken aus dem 11. Jahrhundert. Mosaike aus dem 11. Jahrhundert schmücken die Hauptteile der Kathedrale – das zentrale Baptisterium und den Hauptaltar. Sie sind in einer strengen Reihenfolge gemäß der himmlischen Hierarchie angeordnet. Neben jeder Mosaikkomposition gibt es griechische Inschriften, die die Bilder erklären. Die Namen der Mosaikmeister sind unbekannt. Alle Mosaike der Kathedrale sind auf einem glänzenden Goldgrund angebracht und reich gefärbt. Bei aller Farbvielfalt der Mosaiken dominieren Grau-Weiß und Blau in Kombination mit Lila. An der höchsten Stelle der Hauptkuppel befindet sich ein Mosaik von Christus Pantokrator.

Interior of Saint Sophia Cathedral, Kyiv
Im Inneren der Sophienkathedrale, Kiew
Sophia of Kyiv (Copyright)

Die in der Sophienkathedrale erhaltenen Fresken stammen ebenfalls aus dem 11. Jahrhundert und wurden während des Baus der Kathedrale angefertigt. Im 19. Jahrhundert hat man beim Wiederaufbau der Kathedrale die Fresken mit Ölfarben restauriert. Das gesamte Ensemble der Fresken unterlag inhaltlich einem einzigen Plan – der Einführung des neu angenommenen Christentums. Gleichzeitig sollte das Gemälde der Hauptkathedrale des Staates die Größe der Rus, ihre internationale Anerkennung und die Rolle Kiews im politischen Leben des damaligen Europa zeigen. Daher wird weltlichen Kompositionen ein bedeutender Platz eingeräumt. An den drei Wänden des Mittelschiffs, gegenüber dem Hauptaltar, wurde ein fürstliches Familienporträt des Gründers der Kathedrale gemalt, das entweder die Familie des Fürsten Wladimir oder seines Sohnes Jaroslaw darstellt.

Die Sophienkathedrale diente seit ihrer Gründung auch als Begräbnisstätte. Die Nekropole der Kathedrale enthielt Grabstätten von Fürsten und höherem Klerus. Sie ist auch die älteste in der Rus und umfasst eine lange Geschichte. Die meisten Namen der in der Sophienkathedrale Bestatteten sind nicht bekannt; einige identifizierte Gräber weisen jedoch darauf hin, dass dort prominente Persönlichkeiten beigesetzt wurden. Die berühmtesten Gräber sind die der Großfürsten Jaroslaw dem Weisen und Wladimir Monomach (1053-1125).

Sarcophagus of Yaroslav the Wise
Sarkophag von Fürst Jaroslaw dem Weisen
Stas-Adolf (CC BY-SA)

Glockenturm

Der Glockenturm der Sophienkathedrale in Kiew ist ein architektonisches Denkmal im Stil des Kosakenbarocks. Sein Bau wurde 1699 vom Hetman der Ukrainischen Kosaken, Iwan Masepa finanziert. Die Höhe beträgt 76 Meter. Ursprünglich war der Glockenturm dreistöckig, aber 1851-1852 wurde er um eine weitere Etage erhöht und mit einer birnenförmigen Zwiebelkuppel aus Holz gekrönt, die mit vergoldeten Kupferblechen bedeckt war. Die bildhauerische Verzierung des Glockenturms korrespondiert perfekt mit seiner architektonischen Erscheinung. Er ist mit verschiedenen Stuckornamenten verziert, die mit Flachreliefs verwoben sind. Fast der gesamte Stuck ist erhalten geblieben.

Historie

Die Jahrtausende alte Geschichte der Kathedrale war sehr wechselvoll. Die Sophienkathedrale hat feindliche Invasionen, Plünderungen, Teilzerstörungen, Reparaturen und Wiederaufbauten überstanden. Die erste große Bedrohung für die Kirche war die Plünderung der Stadt im Jahr 1169. Kiew wurde von Fürst Andrei Bogoljubski (ca. 1111-1174) von Wladimir-Susdal erobert und zerstört. Dabei raubte er alle Goldgegenstände und Kirchenreliquien, insbesondere die Ikone der Heiligen Jungfrau. Die Kathedrale blieb jedoch erhalten und wurde wiederbelebt. Dann kam eine der schwierigsten Perioden in der Geschichte Kiews - die Belagerung der Stadt durch die Mongolenhorden von Batu Khan im Jahr 1240, bei der ein Großteil der Bauten der Stadt in Schutt und Asche gelegt wurden. Die Sophienkathedrale überlebte erneut. Geplündert und verwüstet, verlor die Sophienkathedrale jedoch ihre frühere Schönheit und Majestät, obwohl sie die wichtigste Kirche der Stadt blieb. Im nächsten Jahrhundert finanzierte Cyprian (1330-1406), der Metropolit von Kiew, die Instandsetzung der Kathedrale. Im 15. Jahrhundert wurde die Sophienkathedrale zweimal von den Krimtataren geplündert und ausgeraubt, zuerst 1416 von Edigu Khan (1352-1419) und 1482 von Menli I. Giray (1445-1515). Von 1497 bis 1577 war die Kathedrale verlassen. Im Jahr 1577 wurde sie dann repariert und später der griechisch-katholischen Kirche übergeben.

Bell Tower of Saint Sophia Cathedral, Kyiv
Glockenturm der Sophienkathedrale, Kiew
Posterrr (CC BY-SA)

Im Jahr 1633 brach für die Sophienkathedrale eine neue Blütezeit an. Sie ging in den Besitz des wiederhergestellten orthodoxen Metropolitanats Kiew des Patriarchats von Konstantinopel über. Die Wiederbelebung ist mit dem Kiewer Metropoliten Petro Mohyla verbunden, dem es gelang, ein Kloster zu gründen, die Kathedrale zu renovieren und prächtig auszuschmücken. Um die Kathedrale herum wurden hölzerne Klostergebäude errichtet und das gesamte Gelände wurde mit einem hohen Holzzaun umgeben. Petro Mohyla zog den italienischen Architekten Octaviano Mancini für die Arbeiten an der Kathedrale hinzu. Die wichtigsten Baumaterialien waren Ziegel und Kalksandmörtel. Die Ziegel wurden für das Mauerwerk, die Gewölbe und die Fundamente verwendet.

Hetman Iwan Masepa setzte später den Wiederaufbau im Stil des Kosakenbarocks fort. Rund um die Kathedrale begann die Errichtung neuer Steinbauten. Gebäude wie der Glockenturm, das Haus des Metropoliten und das gesamte architektonische Ensemble der Sophienkathedrale wurden gebaut. Iwan Masepa vergoldete die Hauptkuppel auf eigene Kosten.

Auch im 20. Jahrhundert spielte die Sophienkathedrale eine wichtige Rolle in der Geschichte und war in ihrer Existenz mehrfach bedroht. Zu Beginn des Jahrhunderts fanden dort zwei wichtige Ereignisse statt. Das erste ist die Weihe von Pawlo Skoropadskyj (1873-1945) zum Hetman der gesamten Ukraine im Jahr 1918 und die Proklamation des Einheitsgesetzes im Jahr 1919, das die "zwei Ukrainen" vereinte. Doch bald darauf konnte die Ukrainische Volksrepublik der anrückenden Roten Armee nicht mehr standhalten und die Stadt Kiew wurde Teil der Sowjetunion.

Fresco in the Saint Sophia Cathedral
Fresko in der Sophienkathedrale, Kiew
Unknown Artist (Public Domain)

In den 1920er und 1930er Jahren wollten die Bolschewiki die Kathedrale, wie viele andere Kirchen in der gesamten Sowjetunion zerstören, entschieden sich aber dafür, sie zu erhalten. Das Territorium der Sophienkathedrale wurde zum staatlichen historischen und architektonischen Reservat erklärt. Alle Gold- und Silbergegenstände wurden beschlagnahmt, die vergoldete Ikonostase demontiert, jegliches Gold entfernt und der Rest verbrannt. 1941, als sich die Rote Armee vor den anrückenden Deutschen aus Kiew zurückzog, wurde die Sophienkathedrale vermint, aber es kam nicht zur Explosion. Während der Besetzung Kiews durch die Nazis plünderten die Besatzer die Exponate des Architektur- und Historischen Museums der Sophienkathedrale und verbrachten einige der kostbaren Ikonen und Fotoarchive nach Deutschland.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden an der Kathedrale und den umliegenden Gebäuden zahlreiche Umbauten und Restaurierungen durchgeführt. Dabei kamen viele neue Fresken und Mosaike zutage und es konnten interessante Forschungen gemacht werden. Im Jahr 1990 nahm die UNESCO das Ensemble der Sophienkathedrale in die Liste des Weltkulturerbes auf. Heute ist die Kathedrale ein sehr beliebtes und renommiertes Bauwerk, das Touristen aus aller Welt anzieht. Der Platz vor der Kathedrale wird regelmäßig für Feiern zum Unabhängigkeitstag, zu Weihnachten, Ostern und vielen anderen Feiertagen genutzt.

Übersetzer

Manfred Boelke
Manfred Boelke ist ein Privatforscher, der sich seit über einem Jahrzehnt intensiv mit der satellitenbildgestützten Suche nach prähistorischen Relikten befasst. Im Vordergrund stehen dabei Gräber und große Wildfallen aus dem Neolithikum und der Bronzezeit in Nordafrika und dem Nahen Osten.

Autor

Artem Vynohradov
Mein Name ist Artem. Ich bin ein ukrainischer Student und Geschichtsenthusiast. Meine Interessen umfassen Wirtschaft, Geschichte, Geographie, Internationale Beziehungen, Architektur, Städtebau und Linguistik.

Dieses Werk Zitieren

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Vynohradov, A. (2021, November 22). Sophienkathedrale, Kiew [Saint Sophia Cathedral, Kyiv]. (M. Boelke, Übersetzer). World History Encyclopedia. Abgerufen auf https://www.worldhistory.org/trans/de/1-20180/sophienkathedrale-kiew/

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Vynohradov, Artem. "Sophienkathedrale, Kiew." Übersetzt von Manfred Boelke. World History Encyclopedia. Letzte November 22, 2021. https://www.worldhistory.org/trans/de/1-20180/sophienkathedrale-kiew/.

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Vynohradov, Artem. "Sophienkathedrale, Kiew." Übersetzt von Manfred Boelke. World History Encyclopedia. World History Encyclopedia, 22 Nov 2021. Internet. 21 Nov 2024.