Die Englische Ostindien-Kompanie (English East India Company: EIC oder EEIC), später die Britische Ostindien-Kompanie, wurde 1600 als eine Handelsgesellschaft gegründet. Mit einer massiven Privatarmee und Unterstützung der britischen Regierung plünderte die EIC ab 1757 den indischen Subkontinent, bis anarchische Zustände die Regierung dazu zwangen, einzuschreiten und 1858 die Besitztümer der EIC zu übernehmen.
Die EIC war das Instrument, mit dem England seine imperialistische Politik in Asien durchsetzte, und sie verdiente Millionen mit dem globalen Handel von Gewürzen, Tee, Textilien und Opium. Sie wurde für ihre Monopole, unfairen Handelsbedingungen, Korruption und den Schaden, den sie dem Wollhandel zufügte, kritisiert. Außerdem – und vielleicht wichtiger als alles andere – räumte die EIC Herrscher, die sich gegen sie stellten, aus dem Weg, schiffte unaufhörlich Ressourcen aus dem Land und unterdrückte die kulturellen Bräuche der Menschen, die in ihrem enormen Herrschaftsbereich lebten. Kurz gesagt war die EIC das „scharfe Ende des britischen imperialen Stocks“ (Faught, 6). Die Direktoren und Anteilseigner der EIC wurden enorm reich; Indien hingegen wurde immer ärmer. Als weit mehr als nur eine Handelsgesellschaft wurde die EIC schließlich zu einem Staat im Staat, sogar zu einem Weltreich in einem Weltreich, und war niemandem zur Rechenschaft verpflichtet außer ihren Teilhabern.
Gründung
Ein königlicher Freibrief gründete am 31. Dezember 1600 die Englische Ostindien-Kompanie als eine Kommanditgesellschaft auf Aktien (Personen investierten Kapital und erhielten einen Teil des Profits), verwaltet von einer Gruppe von 215 Kaufleuten und Investoren unter dem Vorstand des Grafen von Cumberland. Der Freibrief, ausgestellt von Elisabeth I. von England (r. 1558–1603), berechtigte die EIC zum exklusiven Handel mit Indien, genau genommen gab er ein Monopol auf allen Handel östlich des Kaps der Guten Hoffnung. Zum Zweck der Ausführung dieses Handels war es der EIC gestattet, „Krieg zu führen“. Die EIC besaß in ihrem Tätigkeitsbereich zwar keine eigene Hoheitsgewalt, aber es war ihr erlaubt, im Namen der englischen Krone und Regierung Hoheitsgewalt auszuüben.
Der Gesandte von James I. von England (r. 1603–1625) an den Hof von Jahangir, Kaiser des Mogulreiches (1526–1858), war Sir Thomas Roe (1581–1644) und er baute auf den ersten Kontakten auf, die der Händler William Hawkins 1609 geknüpft hatte. Zwischen 1612 und 1619 erhielt Roe Erlaubnis für die EIC, eine „Fabrik“ oder einen Handelsposten in Surat an der Westküste Indiens zu errichten. Die Briten übernahmen 1659 die Kontrolle über den gesamten Hafen, aber seine Rolle als Haupthandelszentrum der EIC wurde später von Bombay (Mumbai) übernommen, nachdem Bombay 1661 von den Portugiesen an die englische Krone übergeben wurde. Herrscher in anderen Gebieten wurden ebenfalls dazu veranlasst, der EIC das Erreichten von weiteren Handelszentren zu erlauben, und so wuchsen der Wirkungsbereich und der Einfluss der Kompanie kontinuierlich weiter. Bedeutende neue Handelsposten waren unter anderem Masulipatam (Machilipatnam) und Madras in den Jahren 1639/40, und dann Hughli im Jahr 1658. Ab 1690 war Kalkutta (Kolkata) ein weiterer wichtiger EIC-Stützpunkt.
Die Ergänzung von Bombay (1668 offiziell an die EIC übergeben) kam zustande, als Karl II. von England (r. 1660–1685) das Gebiet als Geschenk zur Hochzeit mit Katharina von Braganza (1638–1705) erhielt, der Tochter von Johann IV. von Portugal (r. 1640–1656). Erpicht darauf, einen mächtigen Rivalen zu den durch die Niederländische Ostindien-Kompanie (VOC) vertretenen niederländischen Interessen in Asien aufzubauen, erhielt die EIC Autonomie, ihre Geschäfte zu führen, wie sie es für gut befand. Die VOC war zwei Jahre nach der EIC gegründet worden, aber dank eines sehr viel größeren Investments konnte sie eine mächtige Schiffsflotte vorweisen, die es der VOC ermöglichte, viele kostbare Besitztümer des portugiesischen Reiches zu übernehmen. Die VOC beherrschte den lukrativen Gewürzhandel in Asien und seine Quellen in Indonesien und die Dominanz der VOC dort war so deutlich, dass die EIC ihren habgierigen Blick stattdessen nach Indien wandte.
Handel
Die EIC war stark eingebunden in ein Handelsprinzip, das als „Dreieckshandel“ bekannt wurde, in dem erst Edelmetalle gegen in Indien hergestellte Produkte (insbesondere feine Textilien) ausgetauscht und diese dann in Ostindien gegen Gewürze weiterverkauft wurden. Die Gewürze (vor allem Pfeffer) wurden dann nach London verschifft, wo sie so hohe Preise erzielten, dass ein Gewinn auf die ursprüngliche Metallinvestition gemacht werden konnte. Später in ihrer Geschichte erwirtschaftete die EIC enorme Profite aus der Kontrolle des Salz- und Teehandels und aus dem Verkauf von Opium nach China. Die EIC importierte so viel Tee nach England, dass aus der anfangs teuren Handelsware ein Getränk billiger als vor Ort produziertes Bier wurde. Zusammen mit den billigen Zuckerimporten aus den Sklavenplantagen in der Karibik wurde England eine Nation von Teetrinkern. Dieser Trend verbreitete sich bis in die Kolonien in Nordamerika und zwar in solchen Ausmaßen, dass die Einführung einer Steuer auf EIC-Teeimporte in den Kolonien zur Boston Tea Party führte, die ihrerseits in eine Revolution eskalierte.
Um an den Tee zu kommen, der damals nur in China angebaut wurde, handelte die EIC mit Opium aus Indien. Die chinesische Regierung hatte Opium verboten, aber die EIC schmuggelte es trotzdem ins Land – eine Situation, die 1839 in einen Krieg zwischen China und England ausuferte (Der Erste Opiumkrieg). Andere nennenswerte Handelsgüter der EIC waren Porzellan, Seide, Salpeter (für Schießpulver), Indigo, Kaffee, Silber und Wolle. Die Kompanie-Schiffe, die diese Güter transportierten, waren gut bewaffnet; ein typischer Ostindienfahrer (die Bezeichnung im Volksmund für ein EIC-Schiff) hatte beachtliche 30 bis 36 Kanonen an Bord. Zum Glück für die EIC war die Royal Navy in der Lage, einen Großteil des Indischen Ozeans zu kontrollieren. EIC-Schiffe wurden über ihre Flagge identifiziert, anfangs mit roten und weißen horizontalen Streifen mit einem Georgskreuz in der Ecke und später, nach der Vereinigung von England und Schottland durch das Vereinigungsgesetz im Jahr 1707, mit dem Union Jack.
Die Stellung der Kompanie war so stark, dass in England Proteste laut wurden, die EIC würde der heimischen Wirtschaft zu viel Silber entziehen und die massiven Importe indischer Textilien würden dem traditionellen englischen Wollhandel schaden. Als Antwort hierauf wurde ein Zoll auf Baumwollimporte eingeführt und Gesetze verabschiedet, wie beispielsweise eine Verordnung im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts, die es verbot, Leute in Kleidern zu begraben, die nicht aus Wolle waren. Die Gesetzgebung wurde bald verschärft zu einem Komplettverbot des Importes von fertigem Baumwollstoff nach England, aber in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war das Material so beliebt, dass sich eine Produktionsindustrie entwickelte. Die EIC machte mit dem globalen Stoffhandel ein gutes Geschäft, aber jetzt produzierte England eigene Stoffe in riesigen Textilfabriken, die sich in dicht besiedelten Gebieten wie den Städten in Lancashire konzentrierten. In diesem Sinn war die EIC teilweise mitverantwortlich für diesen Sektor der industriellen Revolution in England.
Es wurde auch viel kritisiert, dass das Handelsmonopol der EIC unfair und kaum im Interesse der englischen Nation als Ganzes sei. Die EIC wurde viele Male von individuell Reisenden, die ein Stück des Handels mit Indien haben wollten, vor englische Gerichte gebracht, aber die EIC argumentierte gerissen, dass sie – streng genommen – gar kein Monopol besaß, weil sie den Handel selbst geschaffen und nicht von einer anderen Partei übernommen hatte. Die EIC half dabei, heutige Weltmetropolen wie Mumbai, Singapur und Guangzhou (Kanton) zu entwickeln, und sie schuf neue Exportmärkte für Güter, die in England oder anderswo produziert wurden, aber die Vereinbarungen der Verträge, die die EIC vorschrieb, waren nie besonders vorteilhaft, außer für sie selbst.
Eine weitere wichtige Einkommensquelle ergab sich aus der Praxis der EIC, Mieten in ihren Hoheitsgebieten zu erheben und nicht zu zögern, Drohungen und Gewalt gegen diejenigen anzuwenden, die sich nicht daran hielten. Kurz gesagt war die EIC ein Handelsgigant und – genau wie die internationalen Großkonzerne von heute – hatte sie sowohl Freunde als auch Feinde; fast immer allerdings mehr der Letzteren als der Ersteren.
Staat in einem Staat
Das Mogulreich profitierte auch von anderen Vorteilen dieser Handelsvereinbarungen. Oft führten die britischen Kriegsschiffe Dienstleistungen für die Fürsten aus und halfen, ihre Interessen auf hoher See zu verteidigen. Die Beziehungen zwischen England und dem Mogulreich wurden durch die Marathen beeinträchtigt, die im 18. Jahrhundert Mogulgebiete im Süden und Westen Indiens angriffen und eroberten. Während sich die politische Landkarte Indiens stetig veränderte, kontrollierte die EIC seit 1757 auch ihr eigenes Herrschaftsgebiet und wurde so zu einem Staat in einem Staat.
Die EIC investierte große Summen in professionelle militärische Streitkräfte und bezahlte dafür, Regimente der regulären britischen Armee nutzen zu können. 1763 hatte die EIC allein in Bengalen 6680 Soldaten stationiert, eine Zahl, die bis 1823 auf 129.473 Soldaten hochschoss. Zu Anfang konnten Soldaten und Offiziere in der EIC-Armee von überall stammen, aber Reformen im Jahr 1785 führten dazu, dass der Offiziersrang nur Engländern offenstand. Der Großteil der Soldaten wurde aus der indischen Landbevölkerung rekrutiert. Diese enorme Armee stellte die Zahl der zivilen Angestellten der EIC, die 1830 etwa 3500 betrug, in den Schatten.
Die EIC baute Festungen, hatte eine Marine (die Bombay Marine (Königlich Indische Marine)), prägte Münzen, hatte ein enormes Dokumentenarchiv (jetzt in der British Library), verfügte über eigene Gerichte und unterhielt Gefängnisse für Personen, die sich gegen sie strafbar machten. Die Kompanie finanzierte sogar große Erkundungsexpeditionen. Die EIC-Direktorenversammlung wählte ihre Mitarbeiter aus den eigenen Reihen und der Zugang wurde über Prüfungen geregelt – ein Prozess, der später von anderen britischen Institutionen übernommen wurde. Inder waren von der EIC ausgeschlossen. Im 18. Jahrhundert kamen EIC-Investoren (Mitglieder der Eigentümerversammlung) aus allen Gesellschaftsschichten: Männer, Frauen (insbesondere Witwen), Adlige, Politiker, Militärpersonen, Kaufleute, Verwalter, Finanziers, Fachleute sowie Kleinanleger (einschließlich Ausländer). Jedermann vertraute der EIC und erwartete Dividenden aus dem anhaltenden Erfolg der Kompanie.
Die John Company, wie sie seinerzeit häufig genannt wurde, erlebte auch Zeiten des Rückgangs, vor allem wenn Kriege ihre Ressourcen erschöpften oder der Handel besonders stark durch Handelseinschränkungen, Korruption, Schmuggel oder Piraterie beeinträchtigt wurde. Die EIC hatte keineswegs ganz Asien nur für sich; andere europäische Großmächte waren ebenfalls scharf darauf, Indiens Handelsmärkte und Ressourcen auszunutzen. Die Französische Ostindien-Kompanie (gegründet 1664) verfügte über eine gut ausgebildete Armee und mit der Unterstützung konkurrierender indischer Herrscher konnte sie sich gegen die EIC behaupten. Madras, zum Beispiel, wechselte zweimal von britischer zu französischer Kontrolle. Und es gab sogar Konkurrenz aus der Heimat: 1698 wurde eine zweite Englische Ostindien-Kompanie gegründet, aber sie wurde 1709 in die ältere Kompanie eingegliedert. Die neue, größere Kompanie hieß offiziell The United Company of Merchants of England trading to the East Indies (Die Vereinigte Kompanie von nach Ostindien handelnden Kaufleuten in England), aber jeder nannte sie wie vorher die Ostindien-Kompanie, außer in offizieller Korrespondenz, wo sie als „Ehrenwerte Ostindien-Kompanie“ bezeichnet wurde.
Staatliche Regulierung
In den Jahren 1764/65, nach der Schlacht von Buxar, erteilte der Mogulkaiser Shah Alam II. der EIC das Recht, in Bengalen, Bihar und Orissa Grundsteuern (dewani) zu erheben. Dies war ein bedeutender Schritt, der der Kompanie enorme Ressourcen sicherte, um zu expandieren und ihre Händler, Stützpunkte, Armeen und Schiffe zu schützen. Die EIC war nun das offizielle imperiale Werkzeug des Britischen Weltreiches in Indien geworden und es war das hohe Ausmaß an Koordination zwischen den verschiedenen EIC-Zentren, wodurch sich die EIC von sowohl ihren indischen als auch europäischen Rivalen abhob. Männer wie Robert Clive (1725–1774) schufen ein Weltreich im Namen der EIC. Clive of India, wie er im Volksmund genannt wurde, stieg vom Sekretär zum Gouverneur von Bengalen auf und seine militärischen Fähigkeiten, unter Beweis gestellt in Siegen wie der Schlacht bei Plassey im Juni 1757 gegen Truppen des Nawab von Bengalen, standen seinen Verwaltungsfähigkeiten in nichts nach. Clive bekämpfte Korruption und führte mehr Regulation ein, sodass der bis dahin private Handel mehr und mehr offizieller Kontrolle durch die britische Regierung glich. Dennoch kursierten immer noch Vorwürfe, dass sich EIC-Beamte auf Kosten der britischen Staatsinteressen bereichern würden – sogar Clive kam unter Verdacht. EIC-Beamte, die sich mit ihren Reichtümern in einen extravaganten Ruhestand nach England zurückzogen, wurden abschätzig als „Nabobs“ bezeichnet, eine Verballhornung von nawab, dem Mogul-Titel für einen hochrangigen Beamten.
Ein weiterer, nicht unverwandter Kritikpunkt war, dass die EIC nicht genug für die Ausbreitung des Christentums durch Finanzierung von Kirchen und Unterstützen von Missionaren tun würde. Dies entsprach der Wahrheit, da die Kompanie bis 1813 alle Missionare verbannt hatte. Die Direktoren waren vorsichtig, nicht dieselben Fehler zu begehen, die das Portugiesische Reich mit der Verbreitung des katholischen Glaubens gemacht hatte, was zur Abschreckung potentieller Verbündeter anderen Glaubens geführt hatte. Diese war einer der wenigen Bereiche, der daran erinnerte, dass die EIC ein Handelsgesellschaft war und kein souveräner Staat.
Abgesehen von Religion allerdings verschmolzen die Interessen der EIC und der britischen Regierung immer mehr. Der Regulating Act 1773 und der India Act 1774 gaben der britischen Regierung militärische, finanzielle und politische Kontrolle über die Territorien, die in ihrem Namen von der EIC verwaltetet wurden. EIC-Beamten durften nicht mehr privat handeln und Buchführung und allgemeine Kompanie-Korrespondenz wurde sehr viel transparenter. Das größere Interesse, das die britische Regierung in India zu zeigen begann, war vermutlich eine direkte Konsequenz aus dem Verlust ihrer Kolonien in Nordamerika im Jahr 1783.
Es bestand keine Frage, dass die EIC ein Zweig der britischen Regierung geworden war, aber die Beziehung war nicht nur einseitig. Im frühen 19. Jahrhundert waren rund 100 Mitglieder des Parlaments in Westminster gleichzeitig Angestellte der EIC und so reichten die Tentakel dieses Handelsgiganten mitten in das Herz der politischen Macht in England. Warren Hastings (1732–1818) war eine zentrale Figur in der Geschichte der EIC. Nachdem er 1774 zu ihrem ersten Generalgouverneur ernannt worden war, vereinbarte die Kompanie während seiner Amtszeit viele Abkommen mit unabhängigen indischen Fürsten und ersetzte eine Strategie der Eroberung mit einer, die zurückführte zu den Wurzeln der Kompanie als Handelsunternehmen, das die Verwaltung den Einheimischen überließ. Diese politische Ausrichtung war nur kurzlebig, aber die EIC sah großes Wachstum während Hastings' Amtszeit. Zuhause in England wurde Hastings als Despot gesehen und für Korruption vor Gericht gebracht, aber letztendlich freigesprochen; es überwog eindeutig die Meinung, dass das Aufbauen eines Weltreiches ein schmutziges aber notwendiges Geschäft sei, wenn England mit seinen europäischen Rivalen mithalten wollte.
Die von England kontrollierten Besitztümer in Indien wuchsen immer weiter. Die vier Mysore-Kriege (1767–1799) endeten damit, dass die EIC noch mehr Territorien verschlang. Das Bengal Permanent Settlement von 1793 machte Steuereinnehmer (zamindars) gleichzeitig zu Landbesitzern, die nun Einkünfte von ihren Mietern einzogen, die an die EIC weitergegeben wurden. Die Idee war, das Einkommen der EIC aus Grundsteuern zu stabilisieren, aber die Maßnahme führte zu einem schädigendem Umbruch in der traditionellen landwirtschaftlichen Lebensweise und zur dauerhaften Verschuldung von Zehntausenden von Pächtern. Dies stellte sich als die schwierigste Frage für die EIC heraus: Wie konnte so viel Reichtum wie möglich aus Indien extrahiert werden, ohne zivilen Aufstand auszulösen? Mit diesem Problem würde auch das Britische Weltreich kämpfen müssen, wenn es die Kontrolle übernahm – ein Wechsel, der immer näher rückte, als sich die Tage der EIC dem Ende neigten.
Der Charter Act von 1813 erklärte britische Hoheitsgewalt über neueroberte Gebiete und beendete formal das EIC-Monopol auf den Handel mit Indien. 1819 wurde ein Stützpunkt in Singapur gegründet, der ab 1826 zusammen mit Malakka und Penang auf der Malaiischen Halbinsel als die Straits Settlements verwaltet wurde. Diese Anschaffungen maskierten in gewisser Weise die finanziellen Probleme, die die EIC seit dem globalen Zusammenbruch 1825 hatte und die riesige Kredite von der britischen Regierung notwendig machten, welche ihrerseits zu mehr Regulierung führen würden.
Eine weitere Schlüsselfigur in der EIC-Geschichte erschien jetzt: Lord William Bentinck (1774–1839). 1828 zum Generalgouverneur ernannt, kehrte Bentinck zur Philosophie der Hastings-Jahre zurück und fokussierte auf Expansion durch Abkommen anstelle von teuren militärischen Kampagnen. Bentinck war ebenfalls bekannt für seine sozialen Reformen, am meisten für die Abschaffung von sati (auch bekannt als suttee) im Jahr 1829. Sati war der Brauch, bei dem sich eine Hindu-Witwe auf dem Scheiterhaufen ihres verstorbenen Ehemannes opferte. Eine weitere Reform war die Ernennung von Englisch zur offiziellen Sprache der Kompanie (bis dahin war es Persisch gewesen), aber obwohl diese Reformen in London wohl positive Aufnahme fanden, wurden sie in Indien zurecht als Teil der Anglisierung und Christianisierung des Subkontinents gesehen.
Die Charter Acts 1833 und 1853 reduzierten die Macht der EIC noch weiter. 1833 verlor die EIC ihr Monopol auf den Handel mit China. 1853 wurden in Indien die ersten Eisenbahnlinien und Telegrafenleitungen in Betrieb genommen. Die Amtszeit des Marquis von Dalhousie (1812–1860), EIC-Generalgouverneur ab 1848, wurde Zeuge einer aggressiven Expansion durch die militärische Eroberung von Fürstenstaaten, die nach Ende der beiden Sikh-Kriege (1845–1849) weitreichende Gebiete – insbesondere Punjab und Süd-Burma – den Besitztümern der EIC hinzufügte. Diese hyperaggressive Politik war zwar kurzfristig erfolgreich, langfristig aber ein spektakulärer Fehlschlag.
Regierungsübernahme
Die Jahre 1857/58 brachten den Zusammenbruch des Mogulreichs und die formale Schließung der EIC, als die britische Krone den Sepoyaufstand (auch bekannt als der Indische Aufstand oder der Erste Indische Unabhängigkeitskrieg) niederschlug, in dem indische Soldaten gegen die britische Herrschaft rebellierten. Die Gründe für diese Rebellion sind vielfältig und reichten von Diskriminierung gegen indische kulturelle Bräuche zu Verbot der Vererbung von Herrschaftsgebieten im Besitz eines indischen Fürsten an einen adoptierten Sohn, aber der zündende Funke kam von den Sepoys. Sepoys waren die indischen Soldaten im Dienst der EIC und sie protestierten gegen (unter anderem) ihre sehr viel niedrigere Bezahlung verglichen mit den britischen EIC-Soldaten. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte die EIC etwa 45.000 britische Soldaten und mehr als 230.000 Sepoys. Obwohl die Sepoys die Kontrolle über wichtige Zentren wie Delhi an sich nahmen, führte der Mangel an einem Oberkommando und Koordination und die überlegenen Ressourcen der EIC und der britischen Regierung zu ihrem Niedergang. Nach der Niederschlagung des Aufstands 1858 übernahm die britische Krone die volle Kontrolle über die EIC-Territorien in Indien und begann damit die sogenannte British Raj (britische Kolonialherrschaft). Am 1. Juni 1874 löste das Parlament die EIC offiziell auf. 1877 wurde Königin Viktoria zur Kaiserin von Indien ernannt und die britische Herrschaft fuhr mit dem Auspressen von Ressourcen aus Indien fort, bis Indien 1947 seine Unabhängigkeit erlangte.