Terrorherrschaft

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Harrison W. Mark
von , übersetzt von Marina Wrackmeyer
Veröffentlicht am 01 November 2022
In anderen Sprachen verfügbar: Englisch, Arabisch, Französisch, Portugiesisch, Spanisch
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Execution by Guillotine in the Place de la Revolution (by Pierre-Antoine Demachy, Public Domain)
Hinrichtung durch die Guillotine auf dem Place de la Révolution
Pierre-Antoine Demachy (Public Domain)

Die Terrorherrschaft, auch genannt Schreckensherrschaft oder einfach der Schrecken (la Terreur) war der Höhepunkt der staatlich sanktionierten Gewalt während der Französischen Revolution (1789–99), in deren Verlauf zwischen September 1793 und Juli 1794 Tausende von konterrevolutionären „Verdächtigen“ öffentlich hingerichtet und in Massen ermordet wurden. Die Terrorherrschaft wurde vom zwölfköpfigen Wohlfahrtsausschuss organisiert, der eine fast diktatorische Kontrolle über Frankreich ausübte.

Die Terrorherrschaft war der Höhepunkt jahrelanger Angst und Paranoia, Gefühle, die lange Zeit als Unterströmung der Revolution existiert hatten. Im Herbst 1793, als die Revolution zerbrach und der Erste Koalitionskrieg (1792–1797) außer Kontrolle geriet, hielt es der Nationalkonvent für notwendig, den Schrecken zur Tagesordnung zu machen, um konterrevolutionäre Spione und Verschwörer auszurotten. Dies führte zum Erlass des Gesetzes über die Verdächtigen, das landesweit die Verhaftung von 300.000 bis zu einer halben Million Bürgern ermöglichte. 16.594 dieser „Verdächtigen“ wurden nach einem Prozess formell hingerichtet, etwa 10.000 starben in den Gefängnissen, und Tausende weitere wurden bei verschiedenen Massakern in ganz Frankreich getötet. Es wird geschätzt, dass die Gesamtzahl der Todesopfer während der zehnmonatigen Terrorherrschaft zwischen 30–50.000 liegt.

Das Gesetz vom 22. Prairial (Juni 1794) führte zu einer deutlichen Beschleunigung des Mordens, einer einmonatigen Periode, die als Großer Terror bekannt wurde und erst mit dem Sturz von Maximilien Robespierre am 9. Thermidor des Jahres II (27. Juli 1794) endete. Die darauf folgende Periode, die so genannte Thermidorianische Reaktion, beendete den Schrecken und die Vorherrschaft der Jakobiner.

Die Ursprünge des Schreckens

Die Terrorherrschaft entstand aus einem revolutionären Selbsterhaltungstrieb, der von einer paranoiden Revolution ausging, die überall Feinde sah. Paranoia und Angst waren 1793 gewiss nichts Neues, denn der Geist des Schreckens war seit den Anfängen der Revolution allgegenwärtig und lauerte stets im Verborgenen. Er kam am 22. Juli 1789 zum Vorschein, als die Furcht vor einer aristokratischen Verschwörung zur Aushungerung des Volkes einen Pariser Mob dazu brachte, den königlichen Minister Joseph Foullon und seinen Schwiegersohn brutal zu ermorden. Im selben Sommer kam es zur Grande Peur, der Großen Furcht, als Gerüchte über konterrevolutionäre Machenschaften von Adeligen die Bauern in Panik versetzten und dazu veranlassten, die Schlösser ihrer Grundherren zu überfallen.

Auch wenn der Schrecken durch die Ängste des Volkes geschürt wurde, so wurde er doch durch die Ideologien seiner Anführer entfacht.

Mit der zunehmenden Spaltung der Revolution und dem Eintritt Frankreichs in den Krieg mit dem Großteil Europas wurden Hysterie und Besorgnis immer alltäglicher. Diese Gefühle wurden durch die rasche Abwertung der Assignatenwährung und die anhaltende Knappheit an erschwinglichem Brot noch verstärkt. Im Sommer 1793 waren die einfachen französischen Bürger nicht weniger arm, hungrig oder arbeitslos als zu Beginn der Revolution. Darüber hinaus wurden sie von aufrührerischen Journalisten und Politikern angestachelt, die behaupteten, ihre Armut und ihr Hunger seien die Schuld konterrevolutionärer Akteure oder ausländischer Verschwörer.

Diese Rhetorik wurde durch die Aktionen der Feinde der Revolution ständig verstärkt. So bewies beispielsweise das Manifest des Herzogs von Braunschweig, das die vollständige Zerstörung von Paris durch eine preußische Armee androhte, dass die Freiheit des Volkes in großer Gefahr war. Diese Gedanken führten zu blutigen Momenten der Massenhysterie, wie den Septembermassakern von 1792, bei denen der Pariser Mob über tausend „Konterrevolutionäre“ und Priester grausam abschlachtete. Im Sommer 1793 waren die Konterrevolutionäre scheinbar allgegenwärtig. Brutale Bürgerkriege wie der Aufstand der Vendée und die föderalistischen Revolten sowie die Ermordung Marats am 13. Juli bestärkten die Vorstellung einer Republik, die von innen angegriffen wurde und deren gefährlichsten Feinde die Franzosen selbst waren.

Maximilien Robespierre
Maximilien Robespierre
Unknown Artist (Public Domain)

Auch wenn der Schrecken durch die Ängste des Volkes geschürt wurde, so wurde er doch durch die Ideologien seiner Anführer entfacht. Im Zentrum der Terrorherrschaft stand der quasi-diktatorische Wohlfahrtsausschuss, das wiederum von Maximilien Robespierre (1758–1794) beherrscht wurde, dem idealistischen Jakobinerführer, der wegen der Standhaftigkeit seiner Überzeugungen den Spitznamen „der Unbestechliche“ trug. Robespierre und seine Anhänger glaubten fest daran, dass das Endziel der Revolution eine gerecht durch den allgemeinen Willen regierte Republik sein sollte. Es bestand jedoch die dringende Gefahr, dass der allgemeine Wille korrumpiert und die Republik zum Scheitern verurteilt würde, wenn man einige schlechte Akteure gewähren ließ. Um dies zu verhindern, waren die Robespierristen bestrebt, potenzielle Konterrevolutionäre und Verräter auszumerzen. Daher konnte eine echte Republik nicht ohne ein Fundament des Schreckens existieren, denn, wie Robespierre selbst sagte, „Schrecken ohne Tugend ist tödlich, Tugend ohne Schrecken ist ohnmächtig“ (Robespierre, 21).

Der Schrecken als Gebot der Stunde

Am 2. Juni 1793 wurde die gemäßigte politische Fraktion der Girondisten aus dem Nationalkonvent, der gesetzgebenden Versammlung der Republik, ausgeschlossen. Die ultimative politische Macht lag nun bei der extremistischen Bergpartei, die lange Zeit die Politik des Pariser Jakobinerklubs und der ihm angeschlossenen Klubs mit landesweit über 500.000 Mitgliedern dominiert hatte. Die Bergpartei verbrachte den Sommer 1793 damit, ihre linke Agenda zu verfolgen. Sie schaffte schließlich die Sklaverei in den Kolonien ab und entwarf eine neue Verfassung, die mit dem allgemeinen Wahlrecht für Männer demokratischer sein sollte als jede andere zeitgenössische Verfassung.

Doch während die Bergpartei ihre Siege feierte, war die französische Republik in Gefahr. Der Sturz der Girondisten hatte zum Ausbruch föderalistischer Revolten in bedeutenden französischen Städten geführt, während an der Grenze die Armeen der Koalition die Franzosen in die Defensive drängten. Unterdessen verloren die Assignaten weiter an Wert. Diese Instabilität führte zu einem Generalstreik der Sansculotten, der revolutionären Arbeiterschaft von Paris, die von dem „ultra-radikalen“ Journalisten Jacques-René Hébert überzeugt wurden, am 5. September auf den Nationalkonvent zu marschieren. Die Sansculotten forderten höhere Löhne, erschwingliches Brot und die Schaffung einer Revolutionsarmee, die sie und ihre neu gewonnenen Freiheiten schützen sollte.

The Idealized Sans-Culotte
Der idealisierte Sansculotte
Louis-Léopold Boilly (Public Domain)

Während Robespierre die Forderungen der Sansculotten als möglichen Staatsstreich seiner ultra-radikalen Feinde betrachtete, gelang es seinem Kollegen im Wohlfahrtsausschuss, Bertrand Barère, die Situation zu ihrem Vorteil zu wenden. Barère erklärte den Sansculotten, dass die jüngste Lebensmittelknappheit das Werk ausländischer Spione und Verschwörer sei, die der Ausschuss unermüdlich zu entlarven versuche. Sollte der Nationalkonvent die Terrorherrschaft legitimieren und die geplante Revolutionsarmee unter die direkte Aufsicht des Wohlfahrtsausschusses stellen, so versprach Barère, das Blut der Feinde des Volkes zu vergießen und nannte dabei insbesondere Marie Antoinette und Jacques-Pierre Brissot. Dies schien die Menge zufriedenzustellen, die daraufhin sofort nach Hause ging.

Am 17. September wurde das berüchtigte Gesetz über die Verdächtigen erlassen, das die Verhaftung aller Personen ermöglichte, die sich „durch ihr Verhalten, ihre Kontakte, ihre Worte oder ihre Schriften als Anhänger der Tyrannei oder des Föderalismus oder als Feinde der Freiheit erwiesen“ (Doyle, 251). Es war eine unklare Definition, die in der Praxis auf so gut wie jeden angewendet werden konnte. Am 29. September wurden mit einem Maximumgesetz Preiskontrollen für zahlreiche Waren eingeführt, um Lebensmittel erschwinglicher zu machen. Am 10. Oktober schlug der junge Louis-Antoine Saint-Just, ein Mitglied des Ausschusses, vor, dass die französische Regierung „bis zum Frieden revolutionär“ bleiben sollte (Davidson, 188). Im Dezember schließlich wurde mit dem Gesetz vom 14. Frimaire die Macht des Wohlfahrtsausschusses weiter zentralisiert und sein Status als De-facto-Regierung Frankreichs zementiert. Die neue jakobinische Verfassung wurde nie in Kraft gesetzt, da dies Neuwahlen erfordert hätte; stattdessen wurde sie ehrfurchtsvoll in einer Kiste aus Zedernholz aufbewahrt, um zu gegebener Zeit wieder hervorgeholt zu werden, wenn alle Feinde Frankreichs beseitigt worden waren. Dieser Zeitpunkt sollte nie kommen.

Die Werkzeuge des Schreckens

An der Spitze der Hierarchie der Terrorherrschaft stand der Wohlfahrtsausschuss. Er wurde im April 1793 gegründet, um verschiedene Regierungsfunktionen zu überwachen. Er sollte dem Nationalkonvent untergeordnet sein, der theoretisch die Zusammensetzung des Ausschusses nach Belieben ändern konnte. Die zwölf Männer, die im September 1793 in den Ausschuss berufen wurden, behielten ihre Ämter bis zum Ende der Terrorherrschaft (mit Ausnahme von Hérault de Séchelles, der im April 1794 guillotiniert wurde).

Unterhalb des Wohlfahrtsausschusses gab es verschiedene lokale Überwachungsausschüsse, die die Aufgabe hatten, alle „Verdächtigen“ in ihrem Zuständigkeitsbereich zu enttarnen und zu verhaften. Was einen Verdächtigen ausmachte, lag im Ermessen der einzelnen Ausschüsse, aber man konnte Personen wegen royalistischer oder katholischer Sympathien, wegen des Hortens von Gütern oder wegen etwas so Einfachem wie der Anrede mit „Monsieur“ anstelle von „Citoyen“ (Bürger) denunzieren. Nach der Denunziation durch einen Ausschuss wurde der Verdächtige inhaftiert. Wer besonders viel Pech hatte, wurde vor das gefürchtete Revolutionstribunal gebracht, wo es um Leben und Tod ging. Das Tribunal bestand aus 16 Richtern, 60 Geschworenen und einem Staatsanwalt, die alle vom Nationalkonvent ernannt wurden. Kein Prozess durfte länger als drei Tage dauern, und es konnte nur eines von zwei Urteilen gefällt werden: Freispruch oder Hinrichtung. Mit zunehmender Intensität der Terrorherrschaft wurden Freisprüche immer seltener.

Committee of Surveillance during the French Revolution
Überwachungsausschuss während der Französischen Revolution
Jean-Baptiste Huet (Public Domain)

Schließlich gab es noch die Revolutionsarmee, die als Arm der Terrorherrschaft fungierte und die revolutionäre „Justiz“ aufs Land brachte. Die Armee wurde häufig von jakobinischen Abgesandten begleitet, die befugt waren, an Ort und Stelle spontane Prozesse oder Kriegsgerichte abzuhalten.

Blutige Zeiten: Oktober 1793 bis Mai 1794

Mit der Machtübernahme durch den Wohlfahrtsausschuss und der Organisation der Instrumente der Terrorherrschaft begannen die Köpfe zu rollen. Die ersten Opfer waren die Adligen des alten Regimes. Auf den Prozess und die Hinrichtung von Marie Antoinette am 16. Oktober 1793 folgte der Tod des unglücklichen Herzogs von Orléans, dessen Annahme des revolutionären Namens Philippe Égalité ihn nicht vor dem Schafott bewahrte. Madame Élisabeth, die Schwester des verstorbenen Königs Ludwig XVI. von Frankreich, wurde später im Mai 1794 hingerichtet. Nach den Adligen starben die militärischen Führer, die des „Defätismus“ oder der Feigheit beschuldigt wurden. Der Comte de Custine wurde wegen seines Rückzugs aus dem Rheinland hingerichtet, während General Jean-Nicolas Houchard, der die Briten in der Schlacht bei Hondschoote besiegt hatte, enthauptet wurde, weil er es versäumt hatte, seinen Sieg zu verwerten.

Es folgten die Hinrichtungen ehemaliger Anführer, die versucht hatten, die Kontrolle über die Revolution zu erlangen, und dabei gescheitert waren. Einige der prominentesten Girondistenführer, darunter Brissot, Pierre Vergniaud und Madame Roland, wurden Ende Oktober und Anfang November hingerichtet. Die Girondisten, die aus Paris geflohen waren, wurden nach dem Scheitern der föderalistischen Revolten gejagt und getötet. Am 29. November wurde Antoine Barnave enthauptet, während sein Kollege Jean-Sylvain Bailly am Ort des Massakers auf dem Marsfeld, für das er verantwortlich gemacht wurde, hingerichtet wurde. Weitere prominente Opfer waren der berühmte Chemiker Antoine Lavoisier, die feministische Dramatikerin Olympe de Gouges und Lamoignon de Malesherbes, der Ludwig XVI. bei dessen Prozess verteidigt hatte.

Last Moments of the Girondins
Letzte Momente der Girondisten
Karl von Piloty (Public Domain)

Im weiteren Verlauf der Terrorherrschaft festigten Robespierre und seine Verbündeten ihre Position, indem sie ihre verbliebenen Rivalen ausschalteten. Politisch links von den Robespierristen standen die Hébertisten, die eine Politik der Entchristlichung verfolgten und den Schrecken weiter verschärfen wollten. Durch den wachsenden Einfluss von Jacques-René Hébert verunsichert, beschloss Robespierre, zuerst zuzuschlagen. Nachdem er Héberts berühmte Zeitung Le Père Duchesne stillgelegt hatte, ließ Robespierre Hébert und seine Anhänger verhaften. Er sorgte dafür, dass die Hébertisten zusammen mit einer Gruppe angeklagt wurden, die der Beteiligung an einer „ausländischen Verschwörung“ beschuldigt waren, um die Chancen auf einen Freispruch zu minimieren. Hébert und seine Verbündeten wurden am 24. März 1794 hingerichtet. Die Scharfrichter amüsierten die Menge, indem sie den Fall der Klinge wenige Zentimeter über dem Hals des wimmernden Hébert mehrmals stoppten, bevor sie ihn schließlich hinrichteten.

Als nächstes verfolgten die Robespierristen ihre politischen Gegner, die Indulgenten unter der Führung von Georges Danton. Die Indulgenten, beunruhigt von der Entwicklung der Terrorherrschaft, strebten Gnade für diejenigen an, die nach dem Gesetz über die Verdächtigen angeklagt waren, und wünschten ein Ende der Koalitionskriege. Der Journalist Camille Desmoulins, dem seine eigene Rolle bei der Herbeiführung der Terrorherrschaft Kopfzerbrechen bereitete, veröffentlichte ein neues Pamphlet, Le Vieux Cordelier, in dem er das Regime der Robespierristen angriff und ein sofortiges Ende des Schreckens forderte. Die Publikation erfreute sich großer Beliebtheit und wurde über 100.000 Mal verkauft, bevor der Wohlfahrtsausschuss sie einstellen ließ.

Die Indulgenten, darunter Danton, Desmoulins und Fabre d'Églantine, der Vater des französischen republikanischen Kalenders, wurden in der Nacht des 29. März 1794 verhaftet. Von den zwölf Mitgliedern des Ausschusses weigerte sich nur Robert Lindet, ihre Todesurteile zu unterschreiben, mit den Worten: „Ich bin hier, um die Bürger zu retten, nicht um Patrioten zu töten“ (Davidson, 216). Am 5. April wurden die Indulgenten auf die Guillotine gebracht. Auf dem Schafott sagte Danton zum Scharfrichter: „Zeigt dem Volk meinen Kopf. Er ist sehenswert“ (ebd.).

Trial of Danton, Desmoulins & Their Allies
Prozess von Danton, Desmoulins und ihren Verbündeten
Jean Mathias Fontaine (Public Domain)

Der Schrecken außerhalb von Paris

Neben den historisch bekannten Opfern der Terrorherrschaft wurden Hunderttausende von namenlosen, gewöhnlichen Bürgern als Verdächtige verhaftet. Zehntausende wurden ins Grab geschickt. In ganz Frankreich wurden 16.594 Menschen der Guillotine zugeführt, davon allein 2.625 in Paris. In dieser Zahl sind weder die rund 10.000 Menschen enthalten, die in den Gefängnissen starben, noch die Zehntausende, die bei den verschiedenen Massenhinrichtungen ohne Gerichtsverfahren getötet wurden.

Im Winter 1793/94 wurden bei den Ertränkungen von Nantes zwischen 1.800 und 4.800 Menschen in der eiskalten Loire ertränkt. Nach dem Aufstand von Lyon wurden fast 2.000 föderalistische Rebellen zusammengetrieben und durch Kanonenschuss aus nächster Nähe hingerichtet. Am tödlichsten waren die „Höllenkolonnen“ französischer republikanischer Soldaten, die durch die rebellische Vendée zogen und wahllos alles und jeden töteten und verbrannten, der ihnen begegnete. Insgesamt dürften während des Terrors etwa 50.000 Menschen ums Leben gekommen sein, wobei die tatsächliche Zahl unmöglich zu ermitteln ist.

Schrecken und Religion

Unter dem Einfluss der Hébertisten kam es während der Terrorherrschaft zu einer Zunahme der Programme zur Entchristlichung der Französischen Revolution. Im Oktober 1793 verabschiedete der Nationalkonvent einen neuen französischen republikanischen Kalender, der rückwirkend am 22. September 1792 begann. Dies deutete die Geburt der französischen Republik und nicht die Geburt Jesu Christi als den entscheidenden Moment in der Geschichte der Menschheit. Im November propagierten die Hébertisten den atheistischen Kult der Vernunft, eine Bewegung, die in Paris entstanden war und den Aberglauben des Christentums verspottete. In ganz Frankreich wurden Kirchen entweder zur Vernunft umgewidmet oder vandalisiert, und katholische Priester wurden verhöhnt und zwangsverheiratet. Am 7. November wurde der Bischof von Paris auf demütigende Weise gezwungen, öffentlich seinem Glauben abzuschwören, indem er erklärte, er sei „ein Priester ... also ein Scharlatan“ (Schama, 778). Drei Tage später wurde in der Kathedrale Notre-Dame, umgewidmet zu einem Tempel der Vernunft, ein großes Fest der Vernunft gefeiert. Der Kult war bei den Sansculotten sehr beliebt, und Anacharsis Cloots beschrieb ihn als Anbetung „eines einzigen Gottes: des Volkes“ (Carlyle, 375).

Festival of the Supreme Being
Fest des höchsten Wesens
Pierre-Antoine Demachy (Public Domain)

Robespierre war angewidert vom Kult der Vernunft, der jede Gottheit ablehnte. Obwohl Robespierre den Katholizismus nicht liebte, verabscheute er den Atheismus, da er den Glauben an eine höhere Macht als unerlässlich für die soziale Ordnung ansah. Oft zitierte er Voltaire: „Wenn es Gott nicht gäbe, müsste man ihn erfinden“ (Scurr, 294). Und so erfand Robespierre nach den Hinrichtungen der Hébertisten tatsächlich einen Gott, und zwar in Form seines Kultes des Höchsten Wesens. Robespierres Kult, der die Existenz eines Gottes und die Unsterblichkeit der menschlichen Seele anerkannte, sollte eine Art bürgerliche öffentliche Tugend schaffen. Robespierres Gegner glaubten jedoch, dass er selbst nach Göttlichkeit strebte; da er nun die Befugnisse eines Diktators besaß, schien es, dass Robespierre sich die eines Gottes wünschte. Diese Gerüchte wurden am 8. Juni 1794 bestärkt, als auf dem Marsfeld ein künstlicher Hügel für das Fest des Höchsten Wesens errichtet wurde, bei dem Robespierre selbst die Hauptrolle spielte.

Großer Terror und Thermidor: Juni bis Juli 1794

Die Terrorherrschaft erreichte ihren Höhepunkt erst im Juni 1794 mit dem Gesetz vom 22. Prairial (10. Juni). Da die Pariser Gefängnisse überfüllt waren, sollte das von Georges Couthon, einem Mitglied des Wohlfahrtsausschusses, vorgeschlagene Gesetz die Gerichtsverfahren beschleunigen. Es schaffte die Ermittlungsphase eines Prozesses ab, so dass Bürgerinnen und Bürger nun allein durch eine Denunziation und ohne weitere Beweise vor Gericht gestellt werden konnten. Durch das Gesetz wurde den Angeklagten das Recht auf einen Anwalt entzogen und das Kreuzverhör von Zeugen abgeschafft. Es überrascht nicht, dass dies zu einem dramatischen Anstieg der Hinrichtungen führte: Vom 10. Juni bis zum 27. Juli endeten rund 1.400 Fälle vor dem Pariser Revolutionstribunal mit einer Hinrichtung. Dieser letzte Monat, der Höhepunkt der Massenhinrichtungen, ging als der Große Terror in die Geschichte ein.

French Revolutionary Tribunal
Französisches Revolutionstribunal
Bibliothèque nationale de France (Public Domain)

In dieser Zeit begannen immer mehr Menschen, die Grundannahme der Terrorherrschaft in Frage zu stellen. Die Bürgerkriege waren größtenteils unterdrückt worden, und das Blatt im Ersten Koalitionskrieg hatte sich nach dem entscheidenden Sieg in der Schlacht bei Fleurus zu Gunsten Frankreichs gewendet. Doch selbst als die Gefahr für die französische Republik abnahm, nahm der Schrecken weiter zu. Robespierre, der sich nun auf dem Höhepunkt seiner Macht befand, rechtfertigte die Terrorherrschaft weiterhin damit, dass er im Besitz von Listen der Feinde Frankreichs sei, und viele davon seien Mitglieder des Nationalkonvents. Er weigerte sich jedoch, die Namen der Verräter preiszugeben und versprach, sie zu gegebener Zeit zu enthüllen.

Dies brachte das Fass letztendlich zum Überlaufen, denn der Nationalkonvent wandte sich gegen Robespierre und ernannte ihn zum Geächteten. In der Nacht des 9. Thermidor (27. Juli) wurde er verhaftet und sein Kiefer entweder durch einen Pistolenschuss, den er sich selbst zugefügt hatte, oder durch einen der Gendarmen, die ihn festnehmen sollten, zerschmettert. Am nächsten Tag wurde Robespierre zusammen mit 21 seiner Unterstützer, darunter Saint-Just, Couthon, François Hanriot und sein Bruder Augustin, guillotiniert. In den folgenden Monaten wurden zahlreiche andere jakobinische Führer ebenfalls guillotiniert. Der Sturz Robespierres bedeutete das Ende der Terrorherrschaft und einen starken Rückgang des jakobinischen Einflusses.

Fragen und Antworten

Was war die Terrorherrschaft und warum war sie so wichtig?

Die Terrorherrschaft war eine Periode staatlich sanktionierter Gewalt während der Französischen Revolution, in der Bürger, die „konterrevolutionärer“ Aktivitäten verdächtigt wurden, verhaftet, vor Gericht gestellt und häufig hingerichtet wurden. Allein in Paris wurden in dieser Zeit über 2.000 Menschen guillotiniert, obwohl die Gesamtzahl der Todesopfer in ganz Frankreich bis zu 50.000 betragen könnte.

Was war die Ursache der Terrorherrschaft?

Die Terrorherrschaft wurde durch die ständige Paranoia ausgelöst, dass Feinde aus dem Inneren Frankreichs darauf hinarbeiteten, die Französische Revolution zu zerstören und dem Volk seine Freiheiten zu nehmen.

Wer löste die Terrorherrschaft aus und warum?

Die Terrorherrschaft wurde von Maximilien Robespierre und seinen Kollegen im Wohlfahrtsausschuss angeführt. Sie nutzten die Terrorherrschaft, um ihre eigene Macht zu festigen, ihre politischen Rivalen zu vernichten und mutmaßliche „konterrevolutionäre“ Feinde auszuschalten, von denen sie befürchteten, dass sie die Politik der neuen französischen Republik korrumpieren könnten.

Wie endete die Terrorherrschaft?

Die Terrorherrschaft endete mit der Verhaftung und Hinrichtung von Maximilien Robespierre und seinen Anhängern am 28. Juli 1794. Es folgte die Zeit der Thermidorianischen Reaktion, die versuchte, einen Großteil der durch die Terrorherrschaft verursachten Schäden rückgängig zu machen.

Übersetzer

Marina Wrackmeyer
Marina arbeitet hauptberuflich im KEP-Innendienst und nebenbei an der Übersetzung der WHE ins Deutsche. Sie liest und lernt gerne und ist besonders an Sprachen und Geschichte interessiert.

Autor

Harrison W. Mark
Harrison Mark ist ein Absolvent der SUNY Oswego, wo er Geschichte und Politikwissenschaft studiert hat.

Dieses Werk Zitieren

APA Stil

Mark, H. W. (2022, November 01). Terrorherrschaft [Reign of Terror]. (M. Wrackmeyer, Übersetzer). World History Encyclopedia. Abgerufen auf https://www.worldhistory.org/trans/de/1-21142/terrorherrschaft/

Chicago Stil

Mark, Harrison W.. "Terrorherrschaft." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. Letzte November 01, 2022. https://www.worldhistory.org/trans/de/1-21142/terrorherrschaft/.

MLA Stil

Mark, Harrison W.. "Terrorherrschaft." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. World History Encyclopedia, 01 Nov 2022. Internet. 21 Dez 2024.