Achämenidenreich

Definition

Jan van der Crabben
von Peter Davidson, übersetzt von Marina Wrackmeyer
Veröffentlicht am 11 Mai 2011
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The Achaemenid Persian Empire c. 500 BCE (by Simeon Netchev, CC BY-NC-ND)
Das persische Achämenidenreich ca. 500 v. Chr.
Simeon Netchev (CC BY-NC-ND)

Östlich des Zagros-Gebirges erstreckt sich ein Hochplateau in Richtung Indien. Zu der Zeit, als Ägypten sich gegen die Hyksos erhob, wanderte eine Welle von Hirtenstämmen von nördlich des Kaspischen Meeres in dieses Gebiet und nach Indien hinüber. Als die Assyrer ihr neues Reich errichteten, hatte eine zweite Welle den gesamten Bereich zwischen dem Zagros und dem Hindukusch erreicht. Einige Stämme wurden sesshaft, während andere ihre halbnomadische Lebensweise beibehielten. Dies waren die iranischen Völker.

Nomadische Stämme

Wie bei allen Nomadenvölkern, bei denen es keine Polizei und keine Gerichtshöfe gab, stand auch bei den iranischen Stämmen ein Ehrenkodex im Mittelpunkt, und ihr religiöser Glaube unterschied sich von dem der Bauernvölker. Während die Bauern Ägyptens und Mesopotamiens die Naturgötter zu Wächtern ihrer Städte gemacht hatten, hatten die Iraner damit begonnen, sie zu einigen wenigen universellen Prinzipien zu verdichten. Zoroaster, der um 1000 v. Chr. lebte, trieb diesen Prozess voran. Für ihn war der einzige Gott der Schöpfer, Ahura Mazda, der Bringer von Asha – Licht, Ordnung, Wahrheit; das Gesetz oder die Logik, nach der die Welt aufgebaut war. Selbst diejenigen, die keine praktizierenden Zoroastrier waren, wuchsen in einer Kultur auf, in der einfache ethische Ideen wie das Sagen der Wahrheit geschätzt wurden.

KyrOs’ Multikulturalismus machte dauerhaften Frieden zu einer realen Möglichkeit und bestimmte die Art und Weise, wie spätere Reiche eine stabile Herrschaft anstrebten.

In einigen Gebieten gelang es einem Stamm, eine Reihe anderer Stämme unter seiner Führung zu versammeln. Die Meder waren ein solcher Stamm. Sie errichteten eine Hauptstadt in Ekbatana („Versammlungsort“) im östlichen Zagros, von wo aus sie ihre Macht ausdehnten. Im Jahr 612 v. Chr. stürmte der Mederkönig Kyaxares gemeinsam mit den Chaldäern Ninive und drang anschließend in den Nordwesten vor. Im Jahr 585 v. Chr. kämpften die Meder am Fluss Halys gegen die Lyder, bis eine Sonnenfinsternis beide Seiten zum Frieden zwang. Bald darauf starb Kyaxares und hinterließ seinem Sohn Astyages (585–550 v. Chr.) eine Art Reich.

Eine der Regionen, deren Stämme den Medern Tribut zahlten, war Persien, das südöstlich von Ekbatana, jenseits von Elam, lag. In Persien gab es etwa 10 oder 15 Stämme, von denen einer die Pasargader waren. Der Anführer der Pasargader stammte stets aus der Sippe der Achämeniden, und 559 v. Chr. wurde ein neuer Anführer gewählt: Kyros II. („der Große“).

Kyros II.

Es heißt, dass Kyros mütterlicherseits ein Enkel von Astyages war, was ihn jedoch nicht daran hinderte, das medische Joch abzuschütteln. Bis 552 v. Chr. hatte er die persischen Stämme zu einer Föderation zusammengeschlossen und eine Reihe von Aufständen begonnen. Als es 550 v. Chr. zum unvermeidlichen Kräftemessen mit seinem Großvater kam, meuterten die Meder und schlossen sich Kyros an, um auf Ekbatana zu marschieren.

Kyros nahm den Titel „Schah [‚König‘] von Persien“ an und baute an der Stätte seines Sieges eine Hauptstadt, die er nach seinem Stamm Pasargadae nannte. Nach seinem Sieg über die Meder hatte Kyros jedoch ein unbestimmtes und ausgedehntes Reich mit unzähligen verschiedenen Völkern unter sich. Er sah sich mit kultureller Vielfalt, Misstrauen und offener Feindseligkeit konfrontiert. Lydien und das chaldäische Babylon hatten Verträge mit den Medern geschlossen; keines von beiden fühlte sich bei einer persischen Machtübernahme wohl.

Tomb of Cyrus
Grabmal des Kyros
Sebastià Giralt (CC BY-SA)

Lydien konnte eingenommen werden, weil Kyros sich nicht an die Spielregeln hielt. Nach einer unentschiedenen Schlacht in der Nähe des Flusses Halys im Herbst kehrte König Krösus (ca. 560 – ca. 546 v. Chr.) nach Sardes zurück, in der Erwartung, die Kämpfe wie üblich im Frühjahr wieder aufzunehmen. Doch Kyros folgte ihm und eroberte Sardes selbst, die Hauptstadt Lydiens und reichste der ionischen Städte. Ein Jahrhundert zuvor hatte Lydien die ersten Münzen geprägt und Ionien zu einem Zentrum des Handels gemacht. Nun fiel dies alles an Kyros.

Was Krösus selbst anbelangt, so scheint es, dass Kyros sein Leben verschonte, wiederum entgegen allen Präzedenzfällen. Kyros stand in dem Ruf, eroberte Herrscher zu verschonen, damit er sie um Rat fragen konnte, wie er ihr Land am besten regieren sollte. Inwieweit dieser Ruf gerechtfertigt war, ist schwer zu sagen, aber vor Kyros hätte dies ohnehin niemand gewollt, da es als ein Zeichen von Schwäche erschienen wäre.

Das Reich der vielen Völker

Kyros hingegen sah in der Zusammenarbeit eine Stärke, vor allem, als es darum ging, sich den Hauptgewinn zu sichern: Babylon. Anstatt zu versuchen, die größte Stadt der Welt mit Gewalt zu erobern, führte Kyros eine Propagandakampagne, um die Unbeliebtheit des Königs Nabonid auszunutzen. Die Traditionen Babylons wären unter Kyros sicherer, lautete die Botschaft. Die Tore wurden geöffnet und Palmwedel wurden vor ihm ausgebreitet, als er die Stadt betrat.

In Babylon angekommen führte Kyros die religiösen Zeremonien durch, die Nabonid vernachlässigt hatte, und brachte konfiszierte Ikonen zurück in ihre Tempel im ganzen Land. Diese Handlungen ermöglichten es Kyros, legitime Herrschaft in Babylon zu beanspruchen – eine Herrschaft, die von den babylonischen Göttern gebilligt wurde. Dann erklärte er, welchen Platz Babylon in seinem Reich einnehmen würde: Sein Reich würde auf einer Art Vertrag zwischen ihm und den verschiedenen Völkern unter seiner Obhut beruhen. Sie würden ihren Tribut zahlen, und er würde im Gegenzug dafür sorgen, dass alle ihre eigenen Götter verehren und nach ihren eigenen Bräuchen leben könnten.

Empire of Cyrus the Great
Das Reich Kyros’ des Großen
SG (CC BY-SA)

Die Juden durften aus dem Exil zurückkehren und erhielten Geld für den Bau eines neuen Tempels in Jerusalem. Dies brachte Kyros einen lobenden Bericht im Alten Testament ein und verschaffte ihm außerdem einen nützlichen Puffer gegen Ägypten. Der Multikulturalismus unter Kyros machte endlich einen dauerhaften Frieden im Reich möglich und bestimmte die Art und Weise, wie spätere Reiche eine stabile Herrschaft anstrebten. Für Kyros war klar, dass er nur so hoffen konnte, seine eroberten Gebiete zu halten, aber seine Vision konnte nur jemand haben, der nicht aus den Zivilisationen der Flusstäler mit ihrer starken Bindung an die lokalen Götter stammte.

König der Könige

Kyros’ Sohn und Nachfolger Kambyses II. (529–522 v. Chr.) fügte Ägypten dem persischen Reich hinzu, doch dann brach im eigenen Land ein Aufstand aus, der offenbar von einem medischen Priester angeführt wurde, der sich als Kambyses’ Bruder ausgab, den Kambyses heimlich hatte ermorden lassen. Kambyses eilte zurück, starb aber unterwegs, so dass einer seiner Generäle, ein entfernter Verwandter, einspringen musste. Sein Name war Dareios. Dareios I. („der Große“) tötete den Thronanwärter, doch nun brachen überall Aufstände aus, und er sah sich gezwungen, die Eroberungen des Kyros wiederherzustellen. Unterstützt von der Armee und dem Adel Persiens, der durch die Herrschaft reich geworden war, eroberte Dareios das Reich zurück und dehnte es auf das Industal aus – eine Beute, die ein Vielfaches mehr an Tributen einbrachte als Babylon.

Dareios erkannte, dass das Reich, wenn es funktionieren sollte, eine effiziente Organisation brauchte. Er teilte es in 20 Satrapien oder Provinzen auf, die jeweils einen festen Tributsatz an Persien zahlten. Jede Satrapie wurde von einem zentral ernannten Satrapen oder Statthalter geleitet, der oft mit Dareios verwandt war. Um zu verhindern, dass der Satrap eine Machtbasis aufbaute, ernannte Dareios einen separaten militärischen Befehlshaber, der nur ihm unterstand. Spione des Reiches, die sogenannten „Ohren des Königs“, überwachten beide und erstatteten Dareios auf dem Postweg Bericht – das Reich war durch ein Straßennetz verbunden, auf dem Kuriere an Stationen, die eine Tagesreise voneinander entfernt waren, die Pferde wechseln konnten.

Dareios übernahm viel von dieser Struktur von den Assyrern und wendete sie einfach in größerem Maßstab an, aber seine Verwendung von Tributen war etwas Neues. Zuvor waren Tribute im Wesentlichen ein Schutzgeld gewesen, das gezahlt wurde, um Ärger zu vermeiden, aber Dareios behandelte sie wie Steuern. Er nutzte die Einkünfte für den Aufbau einer Flotte und begann große öffentliche Ausgabenprogramme, indem er Geld in Bewässerungsanlagen, die Erforschung von Bodenschätzen, Straßen und einen Kanal zwischen dem Nil und dem Roten Meer investierte.

Ranks of Immortals
Truppen von Unsterblichen
dynamosquito (CC BY-SA)

Außerdem führte er eine gemeinsame Währung ein, die das Arbeiten fern der Heimat wesentlich erleichterte. Dareios brachte nun Handwerker aus dem ganzen Reich zusammen, um unter der Leitung persischer Architekten die Hauptstadt des Reiches in Persepolis zu bauen. Hier konnte er sein Gold und Silber in einem riesigen Gewölbe aufbewahren (das bald zu klein wurde) und die multiethnische Vielfalt seines Reiches zur Schau stellen. Persepolis wurde zur Leinwand für die Darstellung der künstlerischen Stile fast aller Kulturen des Reiches, eingebettet in einen Rahmen persischen Designs. Es war eine Veranschaulichung von Kyros’ Vorstellung von einem Imperium.

Doch Dareios erkannte Kyros nie an. Die Tatsache, dass er nicht von Kyros’ Zweig der Achämeniden abstammte, schien für ihn ein wunder Punkt zu sein. Als er Kyros’ Errungenschaften übertraf, begann er, sich immer erhabener zu geben, und ersetzte den Titel des Schah durch den noch beeindruckenderen Titel des Schahanschah („König der Könige“). Wie Persepolis war auch dies eine direkte Folge von Kyros' Vision. Kyros hatte die Rolle des Königs von Babylon gespielt, als er die Stadt betrat, aber seine Vorstellung von einem Reich verlangte einen Herrscher, der über allen Königen stand, die mit den Interessen einer bestimmten Gemeinschaft verbunden waren. Es erforderte einen König der Könige.

Erniedrigung und Dekadenz

In Dareios’ späterer Regierungszeit kam es zu Unruhen im Mittelmeerraum. Im Jahr 499 v. Chr. brach ein griechischer Aufstand in Ionien aus. Nachdem er schließlich niedergeschlagen worden war, segelte Dareios’ Flotte los, um Athen für die Unterstützung der Aufständischen zu bestrafen, und erlitt eine überraschende Niederlage. Wenn der persische Verwaltungsapparat nicht gefährlich schwach aussehen sollte, musste den Griechen nun eine Lektion erteilt werden. Doch als Dareios die Steuern erhöhte, um eine Aufrüstungsaktion zu finanzieren, provozierte er damit Unruhen in wichtigeren Gebieten wie Ägypten.

Es oblag Dareios’ Sohn Xerxes I. (486–465 v. Chr.), die Ordnung in Ägypten wiederherzustellen und sich der griechischen Frage anzunehmen. Xerxes trug sich noch erhabener als Dareios und hatte, da er zwei großen Reichsgründern nachfolgte, noch mehr zu beweisen. Aber es fehlte ihm an deren kulturellem Feingefühl. Als 482 v. Chr. Steuererhöhungen zu Unruhen in Babylon führten, plünderte Xerxes die Stadt, zerstörte den Tempel und schmolz die massive Goldstatue des Marduk ein, die dreimal so groß wie ein Mensch war. Mit ihr ging Babylons Größe verloren.

Das Gold Marduks ermöglichte es Xerxes, 480 v. Chr. seine Streitkräfte zu sammeln, um die Griechen zu vernichten. Da er jedoch zu früh in die Schlacht gezwungen wurde, erlitt er stattdessen eine noch schlimmere Demütigung als sein Vater. Danach scheint sich Xerxes weitgehend in den Luxus seines Hofes und seines Harems zurückgezogen zu haben. Als Kyros in Babylon einmarschiert war, hatte er das Verhalten eines mesopotamischen Königs für die Öffentlichkeit nachgeahmt, doch nun nahm das Privatleben der persischen Herrscher mesopotamische Formen an. In opulenter Abgeschiedenheit spielten die späteren Achämeniden eine immer pompösere Pantomime aus Haremsintrigen und Palastmorden.

Achaemenid Silver Drinking Bowl
Achämenidische Trinkschale aus Silber
Osama Shukir Muhammed Amin (Copyright)

Das Reich, das Kyros und Dareios aufgebaut hatten, war stark genug, um diesem Abgleiten in die Dekadenz 200 Jahre lang standzuhalten, doch allmählich forderte es seinen Tribut. Satrapen schufen sich ihre eigenen Inseln der Macht. Die Inflation begann sich bemerkbar zu machen, da die Steuern immer weiter stiegen. Selbst die Multikulturalität des Reiches, die anfangs seine große Stärke gewesen war, hatte ihre Nachteile: Die riesige Armee war ein verwirrendes Sammelsurium von Truppen, die alle nach ihren eigenen Traditionen ausgebildet und ausgerüstet waren und unterschiedliche Sprachen sprachen.

Im Jahr 401 v. Chr. inszenierte Kyros der Jüngere, Satrap von Lydien, Phrygien und Kappadokien, einen Staatsstreich gegen seinen Bruder Artaxerxes II. (404–358 v. Chr.) mit Hilfe von 10.000 griechischen Söldnern, die nach dem Scheitern des Staatsstreichs heimkehrten. Die Informationen, die sie mitbrachten, ebneten den Weg für die triumphale Ankunft Alexanders des Großen im Jahr 334 v. Chr.

Persien war das erste wirkliche Imperium, ein Reich mit einer Organisationsstruktur, die auf einer realistischen Vorstellung davon beruhte, wie verschiedene unterworfene Völker zu regieren waren. Es definierte die Rolle eines Imperators und bildete die Vorlage für künftige Reiche, von den Römern bis zu den Briten. Als Alexander kam, um das sterbende persische Reich durch eine eigene Vision zu ersetzen, hatte er das Beispiel von Kyros vor Augen.

Fragen und Antworten

Wofür war das Achämenidenreich bekannt?

Das persische Achämenidenreich ist dafür bekannt, dass es ein Reich aus vielen Nationen und Kulturen schuf und jeder eroberten Kultur ein angemessenes Maß an Autonomie und Selbstverwaltung in Form von halb unabhängigen Provinzen, den Satrapien, gewährte. Das Reich ist auch dafür bekannt, dass es die griechischen Stadtstaaten in den Perserkriegen bekämpfte und schließlich von Alexander dem Großen erobert wurde.

Wer besiegte das Achämenidenreich?

Alexander der Große besiegte das Achämenidenreich im Jahr 330 v. Chr. nach einer Reihe entscheidender makedonischer Siege in den Schlachten von Issos (333 v. Chr.) und Gaugamela (331 v. Chr.). Alexander war bis zu seinem Tod im Jahr 323 v. Chr. kurzzeitig König der Könige und wurde dann von Seleukos I. Nikator, dem Gründer des Seleukidenreiches in Persien, abgelöst.

Literaturverzeichnis

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Übersetzer

Marina Wrackmeyer
Marina arbeitet hauptberuflich im KEP-Innendienst und nebenbei an der Herausgabe der WHE auf Deutsch. Sie liest und lernt gerne und ist besonders an Sprachen und Geschichte interessiert.

Dieses Werk Zitieren

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Davidson, P. (2011, Mai 11). Achämenidenreich [Achaemenid Empire]. (M. Wrackmeyer, Übersetzer). World History Encyclopedia. Abgerufen auf https://www.worldhistory.org/trans/de/1-322/achamenidenreich/

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Davidson, Peter. "Achämenidenreich." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. Letzte Mai 11, 2011. https://www.worldhistory.org/trans/de/1-322/achamenidenreich/.

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Davidson, Peter. "Achämenidenreich." Übersetzt von Marina Wrackmeyer. World History Encyclopedia. World History Encyclopedia, 11 Mai 2011. Internet. 20 Nov 2024.