Einer der wichtigsten motivierenden Faktoren im europäischen Zeitalter der Entdeckungen war die Suche nach einem direkten Zugang zum äußerst lukrativen Gewürzhandel im Osten. Im 15. Jahrhundert gelangten Gewürze über die Land- und Seewege durch den Nahen Osten nach Europa und die Nachfrage nach Gewürzen sowohl für die Speisezubereitung als auch für den medizinischen Gebrauch war sehr hoch. Die Frage war, wie man über eine Seeroute Zugang zu diesem Markt erhalten könnte. Aus diesem Grund wurden Entdecker wie Christoph Kolumbus (1451-1506) und Vasco da Gama (ca. 1469-1524) ausgesandt, um einen Seeweg von Europa nach Asien zu finden. Im Westen stieß Kolumbus auf einen neuen Kontinent, der den Weg versperrte, aber im Süden umrundete da Gama das Kap der Guten Hoffnung, segelte die Küste Ostafrikas hinauf und durchquerte den Indischen Ozean, um Indien zu erreichen. Ab 1500 versuchten erst Portugal und dann andere europäische Großmächte, den Gewürzhandel, die Häfen, in denen Gewürze verkauft wurden, und schließlich die Gewürzanbaugebiete selbst zu kontrollieren.
Das Gewürz des Lebens
Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurde der Begriff „Gewürz“ großzügig für alle Arten von exotischen Naturprodukten benutzt, von Pfeffer bis Zucker und von Kräutern bis zu tierischen Sekreten. Gewürze wurden seit der Antike aus dem Osten nach Europa importiert und hatten bei den Europäern große Beliebtheit gefunden. Ein Teil ihrer Anziehungskraft lag im Geschmack, den sie Speisen verliehen; die lange Zeit verbreitete Ansicht, dass sie in erster Linie verwendet wurden, um den Geschmack von schlechtem Fleisch zu überdecken, stimmt allerdings nicht. Ein weiterer Anreiz war ihre Seltenheit, die sie zu einer modischen Bereicherung auf jedem Esstisch und zu einem Statussymbol für die Wohlhabenden machte. Gewürze wurden zum Verfeinern nicht nur von Soßen, sondern auch von Weinen eingesetzt, und sie wurden sogar kristallisiert und als Süßigkeiten verzehrt.
Zu den wertvollen Gewürzen, die in ganz Europa bei der Zubereitung von Speisen verwendet wurden, zählten Pfeffer, Ingwer, Gewürznelken, Muskatnuss, Muskatblüte, Zimt, Safran, Anis, Zitwerwurzel, und Kreuzkümmel. Obwohl die meisten dieser Gewürze den Tischen der Reichen vorbehalten waren, verwendeten auch die ärmeren Haushalte Pfeffer, wann immer sie ihn bekommen konnten. Trotz ihrer hohen Kosten wurden Gewürze in großen Mengen eingesetzt. Für königliche Bankette und Hochzeiten wurden Säcke voller Gewürze benötigt, und wir wissen zum Beispiel, dass im 15. Jahrhundert der Haushalt des Herzogs von Buckingham in England täglich zwei Pfund (900 Gramm) an Gewürzen verbrauchte, hauptsächlich Pfeffer und Ingwer.
Gewürze besaßen neben ihrem Geschmack noch andere Einsatzmöglichkeiten. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit wurden vielen Gewürzen medizinische Eigenschaften zugeschrieben. Zum einen konnten sie zur Entschlackung des Körpers genutzt werden. Zum anderen war die Vorstellung noch weit verbreitet, dass für einen gesunden Körper die vier Grundelemente oder Körpersäfte im Gleichgewicht sein mussten. Eine gesunde Ernährung musste daher auch diese Säfte ins Gleichgewicht bringen: was man aß, durfte also weder zu heiß noch zu kalt, weder zu trocken noch zu feucht sein. Gewürze halfen dabei, bestimmte Speisen ins Gleichgewicht zu bringen. Fisch zum Beispiel war ein kaltes und feuchtes Lebensmittel und diese beiden Eigenschaften konnten durch die Zugabe bestimmter Gewürze zu Fischgerichten ausgeglichen werden.
Gewürze wurden wie Weihrauch verbrannt, um ihren Duft freizusetzen, auf dem Boden verstreut oder sogar direkt auf die Haut aufgetragen. Überall, von Kirchen bis zu Bordellen, wurden Gewürze verwendet, um den allgemein schlechten Geruch in mittelalterlichen Innenräumen zu verbessern. Die begehrtesten und teuersten Düfte waren Weihrauch, Myrrhe, Balsam, Sandelholz und Mastix. Es gab eine weitere Gruppe von Duftstoffen tierischen Ursprungs, die genauso geschätzt wurden. Dazu gehörten die Sekrete von Wildkatzen (Zibet), Bibern (Castoreum) und Hirschen (Moschus). Eine dritte Kategorie aromatischer Gewürze waren Substanzen, die von alten Mumien und anderen seltsamen Exotika abgeschabt wurden.
Gewürze konnten auch an sich als Arzneimittel eingenommen werden und wurden zermahlen und zu Pillen, Salben und Sirups verarbeitet. Schwarzer Pfeffer galt als gutes Mittel gegen Husten und Asthma, konnte - laut Versicherungen der Apotheker - oberflächliche Hautwunden heilen und war sogar als Antidot für einige Gifte wirksam. Zimt hielt man für fiebersenkend, Muskatnuss für gut gegen Blähungen und warmen Ingwer für ein Aphrodisiakum. Einer Vielzahl von stark duftenden Gewürze wurde zugeschrieben, dass sie üble Gerüche bekämpfen könnten, die ihrerseits als Krankheitsverursacher galten. Aus diesem Grund wurde während der vielen Pestwellen, die durch Europa wüteten, Ambra verbrannt, um die oft tödliche Krankheit fernzuhalten. Ambra war eine fetthaltige Substanz aus dem Inneren von Waleingeweiden. Edelsteine und Halbedelsteine, ebenfalls selten und schwer zu beschaffen, wurden oft zu Gewürzen gezählt. Man glaubte, dass bestimmte Steine wie Topas Hämorrhoiden lindern könnten und Lapislazuli gut gegen Malaria sei, und gemahlene Perlen, gemischt mit möglichst vielen teuren Gewürzen, wurden eingenommen, um das Altern aufzuhalten.
Die Suche nach Gewürzen
Aus medizinischen Kreisen wurden Stimmen des Protestes gegen diesen Aberglauben laut und auch einige Mitglieder der Kirche äußerten die Meinung, dass all das Geld, das für Gewürze ausgegeben wurde, besser für andere Zwecke eingesetzt werden könnte. Nichtsdestotrotz war es nicht verwunderlich, dass all diese Nutzungsmöglichkeiten und der Status von Gewürzen als Luxusgut einige Mitglieder der europäischen Eliten dazu brachte, darüber nachzudenken, wie sie direkten Zugang zu den Gewürzen aus dem Osten bekommen könnten, ohne Wucherpreise an die asiatischen und arabischen Händler zahlen zu müssen. Woher diese Händler selbst ihre Gewürze bezogen, war nicht sicher. Viele Legenden rankten sich um den Ursprung von Gewürzen, aber im 13. Jahrhundert begannen Reisende wie Marco Polo (1254-1324 n. Chr.) und Missionare, die geografischen Kenntnisse Europas über die weitere Welt zu verbessern. Indien schien in schwarzem Pfeffer zu schwimmen. Sri Lanka war reich an Zimt. Sandelholz kam aus Timor. China und Japan beschafften Gewürze wie Nelken, Muskatnuss und Muskatblüte aus Indien, Südostasien und von den Maluku-Inseln oder den Molukken im heutigen Indonesien - nicht umsonst tragen sie den Spitznamen „Gewürzinseln“.
Dann kam 1453 der Fall von Konstantinopel. Das Osmanische Reich eroberte die Hauptstadt des Byzantinischen Reiches und damit ging eine der wichtigsten Landrouten für den Import von Gewürzen nach Europa verloren. Dies war ein Grund mehr für europäische Kaufleute, einen eigenen Zugang zu den Gewürzhandelsrouten zu finden und, wenn möglich, die Produktion direkt an der Quelle unter ihre Kontrolle zu bringen. Europäische Mächte wie Spanien und Portugal könnten außerdem ihren Rivalen in Europa, insbesondere den italienischen Seestaaten wie Venedig und Genua, möglicherweise einen schweren Schlag versetzen. Hinzu kam, dass durch das Umgehen der islamischen Händler, die den Handel auf den Gewürzmärkten von Aden und Alexandria dominierten, die Christenheit vermeiden könnte, ihr Gold an ihren ideologischen Hauptfeind abgeben zu müssen. Vielleicht gab es sogar christliche Verbündete in Asien, von denen man in Europa noch nichts wusste.
In mehr praktischer Hinsicht würde die Entdeckung neuer landwirtschaftlicher Flächen für Getreideanbau dazu beitragen, Handelsdefiziten abzubauen. Die europäische Elite und die Seefahrer, die die Reise ins Unbekannte wagten, hatten außerdem eine realistische Aussicht auf Prestige und Reichtum. Und schließlich war das Feudalsystem in Europa im Niedergang begriffen, da das Land in immer kleineren Stücken an die nächste Generation von Söhnen weitergegeben wurde. Viele Landherren wussten einfach nicht, was sie mit ihren dritten oder vierten Söhnen anfangen sollten, und sie in fremde Länder zu schicken, um dort ihr Glück zu suchen, war für beide Seiten eine zufriedenstellende Lösung.
Es existierten also wirtschaftliche, politische und religiöse Motive für die Suche nach einem Seeweg von Europa nach Asien. Unterstützt von Krone und Kirche sowie privaten Investoren, die von großen Gewinnen träumten, setzten Entdecker die Segel in Richtung unbekannter Horizonte.
Eine Seeroute nach Asien
Der Gewürzhandel mit Asien bestand schon seit der Antike. Vor dem 16. Jahrhundert kamen Gewürze über Land- und Seewege aus dem Osten durch den Persischen Golf und das Rote Meer über Ägypten oder Arabien ins Mittelmeer. Die Seidenstraße von China durch Eurasien war ein weiterer Weg, auf dem Gewürze in die europäischen Märkte gelangten. Laut dem Historiker M. N. Pearson waren die Kosten für Gewürze, die über die traditionellen Nahost-Routen nach Europa gebracht wurden, in der Tat sehr hoch:
… der Preis für ein Kilo Pfeffer, das den Besitzer wechselte, war enorm - von 1 bis 2 Gramm Silber am Produktionsort wuchs der Preis auf 10 bis 14 in Alexandria, 14 bis 18 in Venedig und 20 bis 30 in den Verbraucherländern Europas. (41)
Es war also sehr viel Geld zu machen, wenn es den Europäern gelänge, die etablierten Routen zu umgehen und die ständig steigende Nachfrage nach Gewürzen in Europa zu befriedigen. Um dieses Ziel zu erreichen, musste ein Seeweg nach Asien gefunden werden.
Im Jahr 1492 versuchte Christoph Kolumbus, diesen Seeweg zu finden, indem er den Atlantik in Richtung Westen überquerte, aber alles, was er fand, war eine weitere Landmasse in seinem Weg: Amerika. Die Portugiesen glaubten, sie könnten Asien finden, indem sie den afrikanischen Kontinent umsegelten. Im Jahr 1488 segelte Bartolomeu Dias die Küste Westafrikas entlang und vollbrachte die erste Umrundung des Kaps der Guten Hoffnung, die Südspitze des afrikanischen Kontinents (jetzt Südafrika). Ihm folgte Vasco da Gama, der 1497-99 ebenfalls das Kap umrundete, dann aber die Küste Ostafrikas hinaufsegelte, den Indischen Ozean überquerte und Calicut (jetzt Kozhikode) an der Malabarküste in Südindien erreichte. Endlich hatten die Europäer einen direkten Seeweg zu den Reichtümern des Ostens gefunden. Von der indischen Malabarküste aus konnten europäischen Schiffe dann weiter ostwärts zu den Gewürzinseln und nach Südostasien segeln. Diese Route wurde von Francisco Serrão erschlossen, der 1512 zu den Gewürzinseln segelte, und von Ferdinand Magellan (1480-1521), als er 1519-22 im Dienste der spanischen Krone die erste Weltumsegelung unternahm.
Portugiesische Kolonisierung
Geografischen Zugang zum Gewürzhandel zu erlangen war die eine Sache, im Handel selbst mitzumischen allerdings eine ganz andere. Das erste und größte Problem für die Portugiesen bei ihren Handelsbestrebungen im Osten bestand darin, dass sie nicht wirklich Waren besaßen, an denen die indischen oder muslimischen Händler interessiert waren. Viele Herrscher waren bereits unermesslich reich und es widerstrebte ihnen, Änderungen an einem regionalen Handelsnetz vorzunehmen, das sehr gut und - für alle Beteiligten viel wichtiger - friedlich funktionierte. Die Portugiesen beschlossen, den einzigen Vorteil auszunutzen, den sie hatten: Überlegenheit in Waffen und Schiffen. Die indischen Herrscher und einige arabische Händler besaßen zwar Kanonen, aber diese waren nicht von der gleichen Qualität wie die europäischen, und vor allem waren die Handelsschiffe im Indischen Ozean für Fracht und Geschwindigkeit gebaut, nicht für den Seekrieg. Die Europäer hingegen hatten schon seit einiger Zeit Seeschlachten geführt.
Die Lösung war also einfach: das Handelsnetz gewaltsam übernehmen und ein Monopol auf den Gewürzhandel nicht nur zwischen Asien und Europa, sondern auch innerhalb Asiens aufbauen. Gewürze konnten von den Gewürzanbauern so billig wie möglich für relativ geringwertige Waren wie Baumwolltuch, trockene Lebensmittel und Kupfer erworben und dann in Europa so teuer wie möglich verkauft werden. Innerhalb Asiens konnten Gewürze zwischen verschiedenen Häfen gehandelt und gegen kostbare Güter wie Gold, Silber, Edelsteine, Perlen und feine Textilien getauscht werden.
Also wurden immer mehr Kriegsschiffe um das Kap der Guten Hoffnung geschickt und überall Forts gebaut, angefangen 1503 mit Portugiesisch-Cochin (Kochi) in Indien bis schließlich sogar in Japan. Schiffe der Konkurrenz wurden im Wasser versenkt und unkooperative Städte mit voller Breitseite unter Beschuss genommen. Waren wurden beschlagnahmt und Händler zu vorteilhaften Handelsgeschäften gedrängt. König Manuel I. von Portugal (reg. 1495-1521) ließ sich von der immensen Größe des geografischen Gebiets, das die Portugiesen überwachen werden müssten, nicht abschrecken und erklärte ein königliches Monopol auf den Gewürzhandel. Im Jahr 1505 wurde ein Vizekönig von Indien ernannt, obwohl die Portugiesen außer der Kontrolle der Handelszentren an der Küste keine wirklichen territorialen Ambitionen hegten. 1510 wurde an der Westküste Indiens Portugiesisch-Goa etabliert, das innerhalb von 20 Jahren zur Hauptstadt Portugiesisch-Indiens wurde. Im Jahr 1511 wurde Malakka in Malaysia übernommen, 1515 folgte Hormuz an der Mündung des Persischen Golfs und 1518 wurde in Colombo in Sri Lanka ein Fort errichtet.
Das königliche Monopol
Das Durchsetzen eines Monopols auf den Gewürzhandel in einem Gebiet, das ein Drittel der Erdkugel umfasste, war praktisch unmöglich, aber die Portugiesen machten einen sehr guten Versuch. Neben dem bereits erwähnten Einsatz von Kanonen wurden auch administrative Kontrollen eingeführt. Zunächst wurde jeder Privathändler - ob Europäer oder nicht -, der mit einer Ladung Gewürze erwischt wurde, verhaftet und seine Waren und sein Schiff wurden beschlagnahmt. Muslimische Händler hatten die schlechtesten Karten und wurden oft hingerichtet. Nachdem man feststellte, dass diese Maßnahmen nicht überall durchgesetzt werden konnten, wurde einigen lokalen Händlern der Handel mit Gewürzen in begrenzten Mengen gestattet, oft jedoch beschränkt auf ein einziges Gewürz, meist Pfeffer. Die Besatzungen europäischer Schiffe durften sich einen Teil ihres Lohnes in Gewürzen auszahlen lassen (mit einem kleinen Sack Gewürze konnten sie in der Heimat ein Haus kaufen).
Eine weitere Möglichkeit, den Gewürzhandel und auch den Handel mit anderen Waren zu kontrollieren, bestand darin, nur Schiffe mit einer königlichen Lizenz in bestimmten Häfen anlegen zu lassen. Einfach gesagt waren die Meere nicht mehr frei. Selbst Schiffe, die mit anderen Waren als Gewürzen handelten, mussten mit einem portugiesischen Pass oder cartaz reisen und wenn sie dies nicht taten, wurden die Ladung und das Schiff beschlagnahmt und die Besatzung ins Gefängnis geworfen oder schlimmer. Zusätzlich zum cartaz mussten Schiffe in den angelaufenen Häfen Zollgebühren entrichten. Noch eine Methode, Gebühren zu erheben, war, alle Schiffe zu verpflichten, in von den Portugiesen beschützten Konvois, den cafilas, zu segeln. Piraten waren durchaus eine Bedrohung im Indischen Ozean und in anderen Gewässern, aber der eigentliche Zweck bestand darin, sicherzustellen, dass alle Handelsschiffe in einem von Portugal kontrollierten Hafen anlegten und dort ihre Zölle entrichteten (und außerdem eine Kaution hinterlegten, die garantierte, dass sie auf dem Rückweg eine zweite Zahlung leisten würden).
Auf diese Weise machten Zollgebühren etwa 60 % der gesamten portugiesischen Einnahmen im Osten aus. Zusätzlich erzielte, wie erhofft, der Handel mit den Gewürzen selbst hohe Gewinne. Die Portugiesen konnten jetzt Gewürze direkt an der Quelle kaufen. Ein Quintal (100 kg) Pfeffer konnte beispielsweise für sechs cruzados (eine Goldmünze der damaligen Zeit) gekauft und in Europa für mindestens 20 cruzados verkauft werden. Natürlich fielen Transportkosten und die Ausgaben für den Unterhalt der Patrouillenschiffe und Forts an, aber alles in allem konnten die Portugiesen einen stattlichen Gewinn von 90 % ihrer Investitionen erzielen. Und je mehr Gewürze importiert wurden, desto geringer waren die Gesamtkosten. Der Appetit der Portugiesen auf die Beschaffung und Kontrolle von Gewürzen wurde unersättlich.
Der Versuch, den Gewürzhandel zu kontrollieren, hatte neben den bereits erwähnten Folgen noch weitere Auswirkungen. Das Handelsnetz verlagert sich in neue Gebiete, was dazu führte, dass einige etablierte Zentren wie Cochin untergingen und andere wie Goa an Bedeutung gewannen. Missionare verbreiteten den christlichen Glauben. Pflanzen und Tiere wurden in neuen Orten eingeführt, mit oft unvorhergesehenen Auswirkungen auf Lebensräume und das Gleichgewicht der lokalen Ökosysteme. Krankheiten verbreiteten sich in alle Richtungen auf ihrer Suche nach neuen Opfern.
Die Öffnung Asiens
Die Portugiesen hatten in Europa mehr oder weniger ein Monopol auf den Gewürzhandel errichtet, doch ihre Vorherrschaft in Asien war nur von kurzer Dauer. Asiatische Kaufleute mieden die Europäer, wann immer möglich, und setzten ihren zollfreien Handel fort. Wichtig zu bemerken ist, dass Europa nur etwa ein Viertel des weltweiten Gewürzhandels ausmachte. Viele portugiesische Beamte waren korrupt und betrieben Handelsgeschäfte, ohne der Krone ihren Anteil an den Einnahmen zu zahlen. Dank der ständig wachsenden Nachfrage nach Gewürzen in Europa begannen die Land- und Seewege für den Gewürztransport durch den Nahen Osten, die nie ganz durch die Route um das Kap der Guten Hoffnung ersetzt worden waren, in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wieder zu florieren.
Andere europäische Nationen bekamen bald Wind von den Reichtümern, die sich durch den direkten Zugang zu Gewürzen machen ließen. Zwischen 1577 und 1580 legte der Engländer Francis Drake (ca. 1540-1596 n. Chr.) auf seiner Weltumsegelung einen Halt auf den Gewürzinseln ein, um eine Ladung Gewürznelken an Bord zu nehmen. Die erste wirkliche Konkurrenz für die Portugiesen waren jedoch die Niederländer, die ab 1596 keine Skrupel hatten, die unzureichend bemannten und oft schlecht in Stand gehaltenen Forts in portugiesischen Zentren anzugreifen. Die Territorien, um die es ging, waren so groß, dass die Portugiesen nicht einmal einen kleinen Teil davon patrouillieren konnten. Die Niederländer übernahmen direkte Kontrolle über die Gewürzinseln und eroberten Malakka (1641), Colombo (1656) und Cochin (1663). Indem sie nun die Quelle der Gewürze kontrollierten, konnten die Niederländer ihre eigenen Konditionen für den weltweiten Gewürzhandel durchsetzen und dreimal so viel Gewürze wie die Portugiesen nach Europa einführen. Unterdessen eroberten die Perser mit englischer Unterstützung im Jahr 1622 Hormuz. Die hinduistischen Marathas errangen bedeutende Siege in Südindien und bedrohten dort die portugiesischen Zentren. Die gujaratischen Händler dominierten den Handel im Golf von Bengalen. Kurzum, alle waren scharf auf Gewürze und das Vermögen, das sie einbrachten.
Von noch größerer Bedeutung war, dass die europäischen Nationen nun ihre Außenpolitik anpassten. Es ging nicht mehr um Erkundung und Entdeckung, damit ein paar Handelszentren an der Küste errichtet werden konnten. Das Ziel von Kolonisierung war nun Territorien zu erobern, Eingeborene zu unterwerfen und Europäer anzusiedeln. Die Niederländer und Engländer gründeten Handelsgesellschaften, die eine wesentlich effizientere Beschaffung und Verteilung von Waren ermöglichten. Zuckerrohr, Baumwolle, Tee, Opium, Gold, Diamanten und Sklaven nahmen in der Weltwirtschaft die Stelle von Gewürzen ein, als die europäischen Mächte darum wetteiferten, die Welt aufzuteilen und ein Imperium aufzubauen. Das Streben nach der Kontrolle über den Gewürzhandel hatte also dazu geführt, die Welt zu öffnen, doch in den folgenden Jahrhunderten sollte es eine sehr viel brutalere und instabilere Welt werden.