Hatschepsut (regierte 1479-1458 v. Chr.) war die erste weibliche Herrscherin des alten Ägyptens, die als Mann mit der vollen Macht eines Pharaos regierte. Ihr Name bedeutet „Die erste der vornehmen Frauen“ oder „Sie ist die erste der vornehmen Frauen“. Sie begann ihre Regentschaft als Regentin ihres Stiefsohns Thutmosis III. (regierte 1458-1425 v. Chr.), der ihr nachfolgen sollte.
Anfangs regierte sie als Frau, wie in Statuen dargestellt, aber etwa im siebten Jahr ihrer Herrschaft entschied sie sich, in Statuen und Reliefs als männlicher Pharao dargestellt zu werden, obwohl sie sich in ihren Inschriften immer noch als weiblich bezeichnete. Sie war der fünfte Pharao der 18. Dynastie während der Zeit, die als Neues Reich (ca. 1570 - ca. 1069 v. Chr.) bekannt ist und als eine der erfolgreichsten Perioden gilt und auch die Ära des ägyptischen Imperiums war.
Obwohl sie manchmal als erste weibliche Herrscherin Ägyptens oder als einzige genannt wird, gab es Frauen, die vor ihr regierten, wie Meritneith (regierte ca. 3000 v. Chr.) in der Frühdynastischen Zeit (wahrscheinlich als Regentin) und Nofrusobek (regierte ca. 1807-1802 v. Chr.) im Mittleren Reich und Tausret (regierte 1191-1190 v. Chr.) nach ihr gegen Ende der 19. Dynastie. Hatschepsut, wenn auch nicht die erste oder letzte, ist zweifellos die bekannteste Herrscherin des alten Ägyptens nach Kleopatra VII. (regierte ca. 69-30 v. Chr.) und eine der erfolgreichsten Monarchen und Monarchinnen in der ägyptischen Geschichte.
Der Historiker Marc van de Mieroop drückt die konventionelle Ansicht von Hatschepsut aus, wenn er feststellt, dass sie „eine der berühmtesten und umstrittensten Frauen Ägyptens und der Antike im Allgemeinen geworden ist" (172). Sie wird als mächtige Herrscherin gefeiert, deren Regentschaft äußerst erfolgreich war, und dies ist ebenso der Grund für die Kontroverse: Nach ägyptischer Tradition sollte keine Frau die volle Macht des Pharaos übernehmen können.
Außerdem wurde ihr Name nach ihrem Tod von ihren Denkmälern entfernt, was stark darauf hindeutet, dass jemand, höchstwahrscheinlich Thutmosis III., alle Hinweise auf sie aus der Geschichte entfernen wollte. Spätere Schreiber erwähnen sie nie und ihre vielen Tempel und Denkmäler wurden oft als Werke späterer Pharaonen angegeben.
Ihre Existenz kam erst vor relativ kurzer Zeit ans Licht, als der Orientalist Jean-François Champollion (lebte 1790-1832 n. Chr.), der vor allem für die Entzifferung des Rosettasteins berühmt war, Hieroglyphen fand, die er nicht in Einklang bringen konnte, da sie auf einen weiblichen Herrscher mit einer Statue hinweisen, die offensichtlich einen Mann darstellte. Diese Hieroglyphen wurden in den inneren Kammern von Hatschepsuts Tempel in Deir el-Bahari gefunden - jede öffentliche Anerkennung ihrer Existenz war ausradiert worden.
Da die Ägypter glaubten, dass das Entfernen des eigenen Namens aus der Geschichte das Leben nach dem Tod behinderte, wird angenommen, dass derjenige, der sie aus der Öffentlichkeit entfernte, ihr nach dem Tod nichts Böses wünschte und ihren Namen an versteckten Orten bewahrte. Es wurde auch als Möglichkeit vorgeschlagen, dass ihr Name an einigen abgeschiedenen Stellen einfach übersehen wurde. Hatschepsuts Bauprojekte waren schließlich zahlreich, und es ist durchaus möglich, dass die Verantwortlichen für das Entfernen ihres Namens einfach einige Instanzen übersehen haben. Diese Versuche, Hatschepsut aus dem Gedächtnis zu löschen, blieben jedoch letztendlich erfolglos, da sie heute als eine der größten Pharaonen des alten Ägypten bekannt ist.
Frühes Leben und Aufstieg zur Macht
Hatschepsut war die Tochter von Thutmosis I. (regierte 1520-1492 v. Chr.) von seiner Hauptgemahlin Ahmose. Thutmosis I. zeugte auch Thutmosis II. mit seiner zweiten Frau Mutnofret. In Übereinstimmung mit der ägyptischen königlichen Tradition wurde Thutmosis II. mit Hatschepsut verheiratet, bevor sie 20 Jahre alt war. Zur gleichen Zeit wurde Hatschepsut zur Gottesgemahlin des Amun erhoben, der höchsten Ehre, die eine Frau in Ägypten nach der Position der Königin erlangen konnte, und tatsächlich verlieh sie weit mehr Macht als die meisten Königinnen jemals hatten.
Die Position der Gottesgemahlin des Amun war in Theben zunächst ein Ehrentitel für eine Frau der Oberschicht, die den Hohepriester bei seinen Pflichten am großen Amuntempel von Karnak unterstützte. Der Titel wird erstmals im Mittleren Reich (2040-1782 v. Chr.) als Ehrentitel für die Frau oder Tochter eines Königs erwähnt. Zur Zeit des Neuen Reiches jedoch war eine Frau, die den Titel Gottesgemahlin des Amun trug, mächtig genug, um die Politik zu bestimmen (wenn auch nicht so mächtig, wie sie später in der Dritten Zwischenzeit werden sollte).
Amun war der beliebteste Gott in Theben und wurde mit der Zeit als Schöpfergott und König der Götter angesehen. In ihrer Rolle wäre Hatschepsut als Gemahlin dieses Gottes angesehen worden und hätte seine Feste geleitet. Dies hätte sie im Wesentlichen in den Status eines göttlichen Wesens erhoben, indem es ihre Aufgabe gewesen wäre, zu Beginn von Festen für den Gott zu singen und zu tanzen, um ihn zum schöpferischen Akt anzuregen. Durch die direkte Auseinandersetzung mit dem Gott hätte sie einen erhöhten Status angenommen. Die Einzelheiten der genauen Aufgaben der Gottesgemahlin des Amun sind unklar, aber es ist sicher, dass es sich um ein sehr mächtiges Amt handelte, das später in der Geschichte Ägyptens noch mächtiger werden sollte.
Hatschepsut und Thutmosis II. hatten eine Tochter, Neferu-Re, während Thutmosis II. mit seiner Nebenfrau Isis einen Sohn zeugte. Dieser Sohn war Thutmosis III., der zum Nachfolger seines Vaters ernannt wurde. Thutmosis II. starb, als Thutmosis III. noch ein Kind war, und so wurde Hatschepsut Regentin und kontrollierte die Staatsgeschäfte, bis er volljährig wurde. Im siebten Jahr ihrer Regentschaft änderte sie jedoch die Regeln und ließ sich zum Pharao von Ägypten krönen. Sie nahm alle königlichen Titel und Namen an, die sie in weiblicher grammatikalischer Form niederschreiben ließ, aber ließ sich selbst als männlichen Pharao darstellen. Van de Mieroop schreibt:
Während sie in früheren Statuen und Reliefskulpturen als Frau dargestellt wurde, trat sie nach ihrer Krönung zum König in männlicher Kleidung auf und wurde nach und nach mit männlichem Körperbau dargestellt. Ihre Brüste waren nicht zu sehen und sie stand eher in einer traditionellen Männerhaltung als in der einer Frau. Einige Reliefs wurden sogar neu gemeißelt, um ihre Darstellung so anzupassen, dass sie eher wie ein Mann aussah. (172)
Ihre Statuen zeigten sie in ihrer ganzen königlichen Größe im Vordergrund, während Thutmosis III. in kleinerem Maßstab hinter oder unter ihr wiedergegeben wurde, um seinen niedrigeren Status anzuzeigen. Sie bezeichnete ihren Stiefsohn immer noch als König, aber er war dies nur dem Namen nach. Hatschepsut hatte eindeutig das Gefühl, dass sie genauso viel Recht hatte, Ägypten zu regieren wie jeder Mann, und ihre Darstellung in der Kunst unterstrich dies. Die Historiker Bob Brier und Hoyt Hobbs kommentieren dies:
Ihre männliche Kleidung sollte den Bürgern nicht vorgaukeln, ihr Pharao sei männlich. Statuen stellen unmissverständlich eine Frau dar, deren Geschlecht ohnehin jedem Ägypter aus ihrem Namen „Sie ist die erste der vornehmen Frauen" ersichtlich gewesen wäre. Anstatt ihre Weiblichkeit zu leugnen, verkündete sie, dass auch sie ein Pharao sei, ein Amt, das traditionell von einem Mann bekleidet wurde. (30)
Hatschepsut erkannte, dass sie sich in unbekannten Gewässern befand, und unternahm Schritte, um ihre Herrschaft schnell zu legitimieren. Wenn ihre Position als Pharao in Frage gestellt würde, würde sie sich nicht einfach ausradieren lassen.
Die frühe Herrschaft der Hatschepsut
Hatschepsut begann ihre Herrschaft, indem sie ihre Tochter mit Thutmosis III. verheiratete und Neferu-Re die Position der Gottesgemahlin des Amun verlieh, um ihre Position zu sichern. Selbst wenn sie gezwungen wäre, die Macht an Thutmosis III. abzugeben, wäre sie nun als seine Stief- und Schwiegermutter immer noch in einer starken Position, und außerdem hatte sie ihre Tochter in einem der prestigeträchtigsten und mächtigsten Ämter des Landes.
Diese Vorkehrungen reichten jedoch nicht aus, und sie legitimierte ihre Herrschaft, indem sie sich nicht nur als Amuns Gemahlin im Ritual präsentierte, sondern als seine Tochter. Sie behauptete, Amun sei ihrer Mutter in Gestalt von Thutmosis I. erschienen und habe sie gezeugt, wodurch sie zu einer Halbgöttin wurde. Ihre Inschrift erzählt von der Nacht ihrer Empfängnis, als ihre Mutter im Bett lag:
Er [Amun] in der Inkarnation der Majestät ihres Mannes, des Königs von Ober- und Unterägypten, [Thutmosis I.] fand sie schlafend in der Schönheit ihres Palastes vor. Sie erwachte von dem göttlichen Duft und wandte sich seiner Majestät zu. Er ging sofort zu ihr, von ihr erregt zwang er ihr sein Verlangen auf. Er erlaubte ihr, ihn in seiner Gestalt eines Gottes zu sehen, und sie freute sich über seine Schönheit, nachdem er vor sie getreten war. Seine Liebe ging in ihren Körper über. Der Palast wurde von göttlichem Duft überflutet. (van de Mieroop, 173)
Sie förderte ihre Legitimität weiter durch Reliefs an öffentlichen Gebäuden, die zeigten, wie Thutmosis I. sie zu seiner Mitherrscherin machte, und behauptete, Amun habe ein Orakel geschickt, das ihren Aufstieg an die Macht vorhersagte, und verknüpfte sich mit der Vertreibung der Hyksos etwa 80 Jahre zuvor. Die Hyksos waren ein semitisches Volk, das sich in Auaris in Unterägypten niederließ und nach und nach genug Macht übernahm, um die Region zu kontrollieren.
Sie wurden von Ahmose von Theben (regierte ca. 1570-1544 v. Chr.) besiegt und aus Ägypten vertrieben, was die Zeit des Neuen Reiches einleitete. Die späteren ägyptischen Historiker charakterisierten die Hyksos (als Asiaten bezeichnet) regelmäßig als verhasste Tyrannen, die in Ägypten einfielen, Tempel plünderten und Schreine entweihten. Auch wenn diese Behauptungen alle entweder Übertreibungen oder Unwahrheiten waren, war die ägyptische Erinnerung an die verhassten Hyksos stark, und Hatschepsut machte davon Gebrauch. Eine ihrer Inschriften lautet:
Ich habe wiederhergestellt, was zerstört wurde. Ich habe aufgerichtet, was zerschmettert wurde, seit die Asiaten im Delta bei Auaris waren, als die Nomaden unter ihnen das umstürzten, was erbaut worden war. Sie herrschten ohne den Gott Re und handelten nicht auf göttlichen Befehl bis zur Zeit meiner Erhabenheit. (van de Mieroop, 145)
Sie präsentierte sich als direkte Nachfolgerin von Ahmose, dessen Namen das Volk noch als ihren große Befreier in Erinnerung hatte, um ihre Position weiter zu stärken und sich gegen Kritiker zu verteidigen, die eine Frau als Herrscherin für untauglich hielten. Ihre zahlreichen Inschriften, Denkmäler und Tempel zeigen, wie beispiellos ihre Herrschaft war: Keine Frau vor ihr hatte das Land offen als Pharao regiert.
Pharao Hatschepsut
Der Tradition entsprechend begann Hatschepsut, Bauprojekte wie ihren Tempel in Deir el-Bahari in Auftrag zu geben und militärische Expeditionen auszusenden. Die genaue Art der Militärkampagnen ist unklar, aber ihre Ziele waren die Regionen Syrien und Nubien.
Es ist wahrscheinlich, dass die Kampagnen einfach ins Leben gerufen wurden, um die Tradition des Pharaos als Kriegerkönig aufrechtzuerhalten, der durch Eroberung Reichtum in das Land brachte, oder sie hätten als Fortsetzung der Feldzüge von Thutmosis I. in diese Regionen angesehen werden können (und damit als weitere Legitimierung ihrer Position), oder sie hätten provoziert worden sein können. Die Pharaonen des Neuen Königreichs, des Zeitalters des Imperiums, legten großen Wert darauf, sichere Pufferzonen um das ganze Land aufrechtzuerhalten, um eine Wiederholung der „Invasion" der Hyksos zu vermeiden.
Bei all ihren Projekten, Kampagnen und politischen Strategien verließ sie sich auf den Rat und die Unterstützung eines ihrer Höflinge, eines Mannes namens Senenmut, dessen Beziehung zur Königin mysteriös bleibt. Van de Mieroop stellt fest, dass „er ein Mann von unbedeutender Herkunft war, der bei Hofe bekannt wurde. Mehrere Statuen zeigen ihn, wie er Prinzessin Neferu-Re hält, deren Mentor und Verwalter er vor der Thronbesteigung der Hatschepsut wurde" (174-175). Er war für alle großartigen Projekte der Hatschepsut verantwortlich, einschließlich ihres berühmten Tempels in Deir el-Bahari.
Hatschepsuts größte Bemühungen galten diesen Bauprojekten, die nicht nur ihren Namen hervorhoben und die Götter ehrten, sondern auch das Volk beschäftigten. Umfang und Größe der Konstruktionen der Hatschepsut sowie ihre elegante Schönheit zeugen von einer sehr wohlhabenden Herrschaft. Keines ihrer Projekte hätte so abgeschlossen werden können, wenn sie nicht über eine Fülle von Ressourcen verfügt hätte. Die Ägyptologin Betsy M. Bryan schreibt:
Als Herrscherin eröffnete Hatschepsut Bauprojekte, die die ihrer Vorgänger bei weitem übertrafen. Die Liste der von Thutmosis I. und II. angetasteten Stätten wurde in Oberägypten um Orte erweitert, die die Herrscher der Ahmosiden bevorzugt hatten: Kom Ombo, Nekhen (Hierakonpolis) und insbesondere el-Kab, aber auch Armant und Elephantine... Kein Ort jedoch erhielt mehr Aufmerksamkeit von Hatschepsut als Theben. Der Tempel von Karnak wuchs erneut unter ihrer Aufsicht, wobei die Bauarbeiten von einer Reihe von Beamten geleitet wurden... Da sich das Land während der zwanzig Jahre ihrer Herrschaft offensichtlich hauptsächlich im Frieden befand, war Hatschepsut in der Lage, den Reichtum der ägyptischen und auch der nubischen Rohstoffe auszunutzen. Aus den östlichen Wüsten und dem Süden floss Gold: Die Edelsteinbrüche waren in Betrieb, Dschabal as-Silsila begann ernsthaft für Sandstein bearbeitet zu werden, Zedernholz wurde aus der Levante importiert und Ebenholz kam aus Afrika (vielleicht über Punt). In den Inschriften der Königin und ihrer Beamten wurden die Denkmäler und die Materialien, aus denen sie hergestellt wurden, ausführlich beschrieben. Offensichtlich war Hatschepsut mit der Menge und Vielfalt an Luxusgütern zufrieden, die sie Amun zu Ehren erwerben und darbringen konnte; so sehr, dass sie in Deir el-Bahari eine Szene schaffen ließ, in der die Menge an exotischen Waren gezeigt wurde, die aus Punt gebracht wurden. (Shaw, 229-231)
Hatschepsuts Expedition nach Punt (dem heutigen Somalia) war in ihren eigenen Augen die Krönung ihrer Triumphe. Punt war seit der Zeit des Mittleren Reiches ein Handelspartner, aber Expeditionen dorthin waren teuer und zeitaufwendig. Dass Hatschepsut ihre eigene Expedition starten konnte, insbesondere eine so aufwendige, ist Zeugnis dafür, wie wohlhabend ihre Herrschaft war. Die Inschrift, die das Relief der Expedition begleitet und in die Wände ihres Tempels in Deir el-Bahari eingraviert ist, beschreibt die Luxusgüter im Detail:
Die Schiffe waren sehr schwer mit Wundern des Landes Punt beladen; alle gut duftenden Hölzer des Gotteslandes, Haufen von Myrrhenharz, mit frischen Myrrhenbäumen, mit Ebenholz und purem Elfenbein, mit grünem Gold von Emu, mit Zimtholz, Khesytholz, mit Ihmut-Weihrauch, Sonter-Weihrauch, Augenkosmetik, mit Affen, Hunden und mit Fellen des südlichen Panthers. Niemals zuvor wurde einem König seit Anbeginn der Zeit Derartiges gebracht. (Lewis, 116)
Ihr Tempel in Deir el-Bahari ist nach wie vor einer der beeindruckendsten und am häufigsten besuchten in Ägypten. Brier und Hobbs stellen fest, dass „die unter ihrer Herrschaft produzierte Kunst weich und zart war, und sie baute einen der elegantesten Tempel Ägyptens an den Klippen außerhalb des Tals der Könige" (30). Ihr Tempel erhob sich neben dem Nil mit einer langen Rampe, die von einem Innenhof mit Bäumen und kleinen Teichen zu einer Terrasse führte. Einige dieser Bäume wurden aus Punt mitgebracht und sind die ersten in der Geschichte bekannten erfolgreichen Transplantationen von Bäumen aus einem Land in ein anderes.
Die Überreste dieser Bäume, versteinerte Baumstümpfe, sind noch heute im Innenhof des Tempels zu sehen. Die untere Terrasse war von Säulen gesäumt und eine Rampe führte zu einer zweiten Terrasse, die nicht weniger beeindruckend war. Der Tempel war mit Statuen, Reliefs und Inschriften geschmückt, wobei seine Grabkammer aus den Klippen gemeißelt wurde, die die Rückseite des Gebäudes bilden. Der Tempel der Hatschepsut wurde von den Pharaonen, die nach ihr kamen, so bewundert, dass sie sich zunehmend dafür entschieden, in der Nähe begraben zu werden, und diese Nekropole wurde schließlich als das Tal der Könige bekannt.
Hatschepsut baute in größerem Maßstab als jeder Pharao vor ihr und, mit Ausnahme von Ramses II. (1279-1213 v. Chr.), auch als jeder, der danach kam. Sie ließ zusätzlich zu anderen Orten zwei riesige Obelisken in Karnak errichten und gab, wie bereits erwähnt, Bauprojekte im ganzen Land in Auftrag. Tatsächlich waren ihre Bauprojekte so zahlreich, dass es heute kaum ein Museum mit altägyptischer Kunst und Artefakten gibt, das kein von Pharao Hatschepsut in Auftrag gegebenes Stück besitzt.
Tod und Verschwinden
Während Hatschepsut das Land regiert hatte, hatte Tuthmosis III. nicht ruhig dagesessen und zugesehen. Sie gab ihm das Kommando über die Armeen Ägyptens und es wurde vermutet (vor allem vom Ägyptologen James Henry Breasted), dass er ihre Herrschaft überlebte, indem er sich als General als nützlich erwies und ihr mehr oder weniger aus dem Weg ging.
Um 1457 v. Chr. führte Tuthmosis III. seine Armeen nach Kadesch zur Niederschlagung einer Rebellion (die berühmte Schlacht bei Megiddo), eine Kampagne, die möglicherweise von Hatschepsut erwartet und in Auftrag gegeben worden war, und danach verschwindet ihr Name aus den historischen Aufzeichnungen. Thutmosis III. datierte seine Herrschaft auf den Tod seines Vaters zurück, und Hatschepsuts Leistungen als Pharao wurden ihm zugeschrieben. Wann und wie sie starb, war bis vor kurzem unbekannt. Die Ägyptologin Zahi Hawass glaubte, ihre Mumie 2006 n. Chr. in den Beständen des Kairoer Museums gefunden zu haben. Eine Untersuchung dieser Mumie zeigt, dass sie in ihren Fünfzigern an einem Abszess nach einer Zahnextraktion gestorben war.
Thutmosis III. wurde zu einem großen Pharao, der heute aufgrund seiner brillanten militärischen Siege als „Napoleon des alten Ägyptens" bekannt ist. Später in seiner Regierungszeit ließ er alle Hinweise auf seine Stiefmutter von Denkmälern tilgen und alle Anzeichen ihrer Herrschaft vernichten. Senenmut und Neferu-Re waren beide schon vor langer Zeit gestorben und es schien niemand bei Hofe die Macht oder Geneigtheit zu haben, diese Politik zu ändern.
Die Trümmer einiger dieser Werke wurden in der Nähe ihres Tempels in Deir el-Bahari deponiert und Ausgrabungen brachten ihren Namen ans Licht, zusammen mit den Inschriften im Inneren des Tempels, die Champollion so verblüfft hatten. Obwohl es im Laufe der Jahre viele Theorien darüber gab, warum Tuthmosis III. versuchte, Hatschepsuts Namen aus der Geschichte zu streichen, war der wahrscheinlichste Grund, dass ihre Herrschaft unkonventionell war und von der Tradition abwich.
Die Hauptverantwortung des Pharaos war die Aufrechterhaltung von Maat (Harmonie, Gleichgewicht) und eine Frau in der Position eines Mannes wäre als störend für dieses Gleichgewicht angesehen worden. Der Pharao diente seinem Volk als Vorbild und es ist möglich, dass Thutmosis III. befürchtete, dass andere Frauen sich von Hatschepsut inspirieren lassen und versuchen könnten, ihrem Beispiel zu folgen und von der Tradition abzuweichen, die besagte, dass Männer Ägypten regieren und Frauen nur Gemahlinnen sein sollten, wie es am Anfang der Zeit war, als der Gott Osiris mit seiner Gemahlin Isis herrschte. Die altägyptische Kultur war in vielerlei Hinsicht sehr konservativ und legte keinen Wert auf Veränderung oder Abwandlung von Traditionen. Eine weibliche Pharaonin, egal wie erfolgreich ihre Herrschaft war, lag außerhalb des akzeptierten Verständnisses der Rolle der Monarchie und so mussten alle Erinnerungen an diese Pharaonin getilgt werden.
Der ägyptische Glaube, dass man so lange lebt, wie sich an seinen Namen erinnert wird, ist jedoch in Hatschepsut veranschaulicht. Sie geriet in Vergessenheit, als die Zeit des Neuen Königreichs andauerte und blieb es für Jahrhunderte. Nachdem ihr Name im 19. Jahrhundert n. Chr. von Champollion und im Laufe des 20. Jahrhunderts von anderen wieder entdeckt wurde, wurde sie allmählich wieder lebendig und nahm ihren rechtmäßigen Platz als eine der größten Pharaonen in der Geschichte Ägyptens ein.